Joel Thorpe: «Die Menschen haben keine Hoffnung mehr»

17. September 2015

Foto von Joel Thorpe, Programmverantwortlicher für die Hilfsprojekte von World Vision Schweiz und World Vision Deutschland im Syrienkonflikt

Joel Thorpe ist Programmverantwortlicher für die Hilfsprojekte von World Vision Schweiz und World Vision Deutschland im Syrienkonflikt.

Joel Thorpe, warum berührt gerade ein Bild wie jenes des 3-jährigen Aylan so sehr?
Nachdem dieses Bild um die Welt gegangen ist, haben wir eine richtige Solidaritätswelle verspürt. Bei einem Flüchtlingsstrom verliert man oft den Einzelnen aus den Augen – bis man wieder daran erinnert wird, dass das alles Menschen wie Sie und ich sind. Sie könnten unsere Nachbarn sein, unsere Freunde. Wir werden daran erinnert, dass wir eine Lösung für diese Menschen finden müssen.

Wie sähe eine solche Lösung aus?
Aus finanzieller Sicht wären mindestens 4,5 Milliarden Dollar nötig, um den Betroffenen ein einigermassen würdevolles Leben in ihrer aktuellen Situation zu ermöglichen. Am wichtigsten wäre aber ein politisches Zeichen.

Das Welternährungsprogramm der UN sah sich vor ca. 2 Monaten gezwungen, im Libanon die Vergabe von Essensgutscheinen markant zu reduzieren, da nur knapp 25 % der benötigten Hilfsgelder beschafft werden konnten. Inwiefern wirkt sich diese Kürzung auf die Arbeit der NGOs aus?
Dies hat vor allem eine grosse psychologische Wirkung. Syrische Flüchtlinge wollen unbedingt nach Hause. Das war immer ihr Ziel. Jetzt verlieren sie langsam die Hoffnung. Nach beinahe fünf Jahren im Krieg, ohne Aussicht auf eine politische Lösung, fühlen sie sich von der internationalen Gemeinschaft nicht ernst genommen. Es werden vermehrt Fassbomben abgeworfen, die Spitäler, Schulen und Marktplätze treffen. Viele leben nur noch von Ersparnissen, unterstützt von Hilfsgütern der NGOs. Mit der Kürzung des WFP-Budgets sehen viele schlicht keine Hoffnung mehr für sich und ihre Familien, über die Runden zu kommen.

Ist dies auch der Grund für den aktuellen Flüchtlingsstrom nach Europa?
Der Verlust der Hoffnung, ja. Die Menschen versuchen mit allen Mitteln, irgendwie mit der Situation zurechtzukommen. Junge Töchter werden verheiratet, damit sie bei Familien leben können, die für sie sorgen können. Söhne gehen bereits im jungen Alter arbeiten, damit es nur schon ein kleines bisschen Geld für den Familienunterhalt gibt. Im Moment ist für die Menschen wirklich alles besser als ihre jetzige Lebenssituation.

Was bedeutet das für all die Kinder? Wir sprechen von einer verlorenen Generation.
Die Hälfte aller Flüchtlinge, über 2,1 Millionen, sind Kinder. Millionen weitere Kinder sind in Syrien selber betroffen. Die Jüngeren können sich teilweise nicht einmal mehr an ein Leben ohne Krieg erinnern. Die Nachbarstaaten, die Flüchtlinge aufnehmen, sind sehr grosszügig und versuchen, einen Zugang zu elementaren Dingen wie Schulbildung zu ermöglichen. Aber stellen Sie sich vor – jede vierte Person im Libanon ist ein syrischer Flüchtling. Auch die Nachbarstaaten sind mittlerweile heillos überfordert und brauchen Unterstützung.

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