PERSONALISIERTE ZEICHNUNG: «OLIBER» UND REYNALDA (R.), DAS PATENKIND SEINER MUTTER, MIT IHRER COUSINE MAGALY (L.)
Am Montag stand ein World Vision-Projektbesuch auf dem Plan. Ich hatte keine Ahnung was mich erwartet, aber meine Schwester meinte, der Besuch eines Paten sei das Highlight für eine Patenfamilie und es könne gut sein, dass für mich getanzt würde.
Um 08:30 wurde ich von World Vision-Mitarbeiter Richard und Übersetzerin Carmen in meinem Hotel abgeholt. Nach einer 15-minütigen Fahrt trafen wir im Projektbüro von World Vision Bolivien in Lomas ein. Das Büro führt das städtische Projekt Lomas schon seit 5 Jahren. Das grösste Problem dieses Stadtteils sei, dass es kein fliessendes Wasser gäbe, die Anzahl Kinder und Jugendliche ohne Eltern und auch die Arbeitslosenquote ausserordentlich hoch sei. Im Büro lernte ich dann zuerst die Familie und das Patenkind meiner Mutter kennen. Mein Patenkind, «little Oli», lebt in einem anderen, super schwierig zugänglichen Projektgebiet. Ich entschloss mich daher, auf meiner Reise durch Bolivien Reynalda, das Patenkind meiner Mutter, zu besuchen. Die 6-jährige Reynalda ist Vollwaise: Die Mutter starb bei Reynaldas Geburt, der Vater drei Jahre später bei einem Motorradunfall. Die Kleine lebt nun bei ihrem Onkel Moises, Tante Silvia und ihrer Cousine Magaly.
Hinter den Kulissen
Ich lernte auch das World Vision-Projektteam kennen, bekam eine Büroführung, wobei Jimmy mich in die Projekttätigkeiten von World Vision einweihte. World Vision hat sich in Lomas auf verschiedene Schwerpunkte fokussiert, einer davon ist der Bau von sogenannten «Baños Familiar», also der Bau von hygienischen Latrinen. Weiter sind sie hier vor allem in der Schulunterstützung und Elternunterstützung (Paartherapie, Zubereitung von gutem und gesunden Essen etc.) tätig. Auch wurde erklärt, dass alles gespendete Geld aus den Patenschaften dem ganzen Projekt zugutekommt und nur speziell getätigte «Benefical Donates» nur dem Patenkind, was ich auch richtig und gut finde.
Nach diesem ersten Kennenlernen gings zu einem Workshop für Mütter, in welchem die Mütter von Kleinkindern einmal pro Monat darin geschult werden, wie man günstiges, gesundes und lokales Essen zubereitet. Die Mütter erhalten da auch Unterstützung, sollten sie Fragen zu Gesundheit oder Hygiene haben. Zum Abschluss gabs einen Dessert aus Apfel und Quinoa.
Nächster Halt Klassenzimmer
Weiter gings in die von World Vision unterstützte Schule, wo über 1000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden. Diese grosse Anzahl kann nur so gemanaged werden, dass der eine Teil morgens und der andere Teil nachmittags zur Schule geht. Insgesamt kommen die Kinder so auf wöchentlich 5 Tage à 4 Lektion, wobei eine Lektion gerade mal 20 Minuten dauert. Von 100 Schülerinnen und Schülern, die jährlich die Schule abschlössen, würden nur etwa neun pro Jahr danach auch aufs College gehen, der Rest gehe schon arbeiten, erklärte mir die Rektorin.
In der Schule fand gerade ein Spielevent mit verschiedenen Disziplinen statt, ich durfte mich zur Belustigung der Kinder auch an einigen versuchen. Zuvor wurde ich aber noch über Mikrophon den Kindern vorgestellt und durfte bzw. musste eine kleine (spontane) Rede halten.
AM SPIELEVENT MUSS SICH AUCH OLIVER RICHTIG INS ZEUG LEGEN.
GROSSER AUFTRITT: OLIVERS BESUCH IN DER SCHULE IST DAS GROSSE HIGHLIGHT AN DIESEM MORGEN.
Hausbesuch bei Patenkind Reynalda
Danach gings weiter zum Haus der Familie, wo ich zuerst das «Baños Familar» begutachten durfte, welches zu 60 Prozent von World Vision finanziert wurde. Dieses steht ausserhalb des Hauses und ist wirklich super sauber und beinhaltet eine Dusche und ein WC. Nebenan baut der Vater (Reynaldas Onkel) gerade am eigenen Haus. Zurzeit wohnt die Familie in einem gemieteten Haus, auf sehr kleinem Raum: Das Haus umfasst insgesamt nur zwei Zimmer mit einer Küche, einem Esszimmer sowie einem Schlafzimmer, wo sich die Eltern und die beiden super süssen kleinen Mädchen ein grosses Bett teilen. Der Vater erklärte mir dann sehr rührend und unter Tränen die Geschichte der kleinen Reynalda. Sie haben sie erst vor einem Jahr aufgenommen, nachdem ihre Tante sie nicht zur Schule schicken konnte. Reynalda hat fünf kleine Geschwister, welche nun, nachdem die Grossmutter vor drei Monaten gestorben ist, im entfernten Santa Cruz, unter Obhut des ältesten Sohns – gerade mal 19 Jahre – leben. Der Onkel nennt Reynalda liebevoll seine «Niña» (zu Deutsch «seine Kleine»). Sie ist sehr aufgestellt und überhaupt nicht scheu. Trotz Sprachbarrieren hatten wir es sehr lustig zusammen. Der Vater ist aufgrund seines Jobs bei einer Ölfirma viel unterwegs. Für meinen Besuch hatte er sich extra einen Tag freigenommen. Er sagte mir, ich soll in zwei Jahren wiederkommen, wenn ihr Haus fertig ist. Die Mutter bereitete inzwischen ein Znüni vor: feiner bolivianischer Karottenkuchen (fast besser als der «Aargauerrüebli Chueche» meines Vaters). Danach überreichten mir die beiden Mädchen diverse Geschenke, mein Arm ziert nun unteranderem ein weiteres Armband. Ich überreichte ihnen eine Menge Esswaren im Wert von ca. 65 Franken, welche ich am Morgen gemeinsam mit Richard gekauft hatte. Die Mutter freute sich sehr über die Esswaren. Die beiden Kleinen vor allem über die mitgebrachten Süssigkeiten. Ein bisschen schlecht fühlte ich mich, dass ich kein Spielzeug für die zwei Mädchen dabei hatte. Vor der Abreise hatte ich mir überlegt, etwas Kleines zu kaufen, doch ich, zurzeit so weit entfernt von Kindern, wusste doch nicht, mit was zwei 6-jährige Mädchen spielen würden.
«RÜÄBLIHCHUECHE» GIBT’S NICHT NUR IM AARGAU, SONDERN AUCH BEI REYNALDA ZUHAUSE.
Rührender Abschied
Danach fuhren wir zu einem ziemlich schönen Restaurant an einer Lagune mit einer Rutsche und anderen Spielmöglichkeiten. Für uns mit bergkristallklaren Seen verwöhnten Schweizer, war die Lagune zwar etwas brühenähnlich – schön wars trotzdem. Nach dem Essen ging es noch auf eine abenteuerliche Bootsfahrt auf dem See. Die Kleinen hatten sichtlich Spass. Danach wollte der Vater mir noch unbedingt die Schule und die Lehrerin der beiden Mädchen vorstellen. Sie gehen an eine Schule, die ein bisschen weiter entfernt liegt, da die davor präsentierte Schule bis kürzlich keine Vorschule anbot. Doch leider wollte uns die Rektorin dieser Schule nicht hineinlassen. So gings dann zurück zum Büro. Dort galt es dann schon sich zu verabschieden. Nach einer Dankesrede der Projektverantwortlichen Sofie bedankten sich auch der Vater und die Mutter nochmals sehr rührend bei mir. Die Familie und die zwei Mädchen und alles Erlebte werde ich in sehr guter Erinnerung behalten. Ich, der erst zum Paten wurde, nachdem meine Schwester mich überzeugt hatte, ihre beiden Patenkinder während ihrer Reisetätigkeit vor knapp 1,5 Jahren zu unterstützen, werde meine Patenschaft sicher beibehalten. Es ist wirklich eine gute Sache und hilft vielen Kinder und Familien, die es wirklich nötig haben. Meine Schwester wird nun sicher versuchen, mir eine weitere Patenschaft schmackhaft zu machen. Ich werde aber nun eher meine Freunde dazu motivieren zu spenden.
PS: Ich war ganz froh, dass sie nicht für mich getanzt hatten und ich dann eventuell noch meine «Tanzkünste» hätte unter Beweis stellen müssen.
So jetzt habe ich meine Finger wundgetippt, habe fertig für heute.
Ok, noch was Kleines, checkt worldvision.ch aus und übernehmt eine Patenschaft!
Lust auf Abenteuer bekommen? Werden Sie Patin oder Pate!