Rund 79,5 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Das ist gut 9-mal die Schweiz.
Text: World Vision Schweiz
Wir freuen uns, dass Bundesrätin Karin Keller-Sutter auf unseren offenen Brief bezüglich der Krisensituation nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos geantwortet hat. Das ist nicht selbstverständlich und wir schätzen das sehr! Gemeinsam mit Save the Children, Stiftung Kinderdorf Pestalozzi und SOS Kinderdorf hatten wir vier konkrete Massnahmen vorgeschlagen, wie die Schweiz insbesondere den Minderjährigen auf der Insel helfen könnte. Wir hatten uns erhofft, dass die Schweiz als humanitäres Vorbild vorausgeht und nicht auf eine europäische Lösung wartet, um den Kindern endlich wieder ein geordnetes Leben mit Perspektiven zu ermöglichen. Auch wenn unsere Erwartungen nicht erfüllt wurden, wir setzen und weiterhin für Kinder auf der Flucht ein und bleiben im Gespräch mit den zuständigen Behörden vor Ort und in der Schweiz.
Antwort des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements auf unseren offenen Brief
Herr Christoph von Toggenburg
 CEO World Vision Schweiz
Herr Alain Kappeier
 Geschäftsführer
 SOS-Kinderdorf Schweiz
Herr Martin Bachofner
 Vorsitzender der Geschäftsleitung
 Stiftung Kinderdorf Pestalozzi
Herr Adrian Förster
 Geschäftsführer
 Save the Children Schweiz
Brand in Moria
Sehr geehrte Herren
Ich danke Ihnen bestens für Ihren offenen Brief vom 15. September 2020. Wie Sie sicher der
 Medienmitteilung vom 11. September 2020 entnommen haben, teilt der Bundesrat Ihre
 Besorgnis betreffend die Situation auf der griechischen Insel Lesbos und hat der griechischen
 Regierung umgehend humanitäre Hilfe angeboten.
 Es geht dabei vor allem darum, unverzüglich die Unterbringung, die Versorgung, die
 Gesundheit und den Schutz der betroffenen Migrantinnen und Migranten sicherzustellen.
 Diesbezüglich haben bereits zwei Flüge des Lufttransportdienstes des Bundes stattgefunden,
 mit welchen Hilfsgüter wie Schlafsäcke, Schlafmatten, Wasserkanister, Küchenutensilien und
 weiteres Hilfsmaterial nach Griechenland gebracht wurden. Zudem sind Spezialisten des
 Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe (SKH) in Lesbos im Einsatz. Damit es auf die
 dringendsten Bedürfnisse der vom Brand betroffenen Menschen reagieren kann, hat das
 Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bis zu einer Million
 Franken für die humanitäre Hilfe bereitgestellt.
Gleichzeitig unterstützt die Schweiz zurzeit internationale Organisationen vor Ort sowie die
 griechischen Behörden aktiv in logistischer, materieller und personeller Hinsicht.
 Besonders prekär ist die Situation nach dem Brand für 400 unbegleitete minderjährige
 Asylsuchende (UMA). Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat die Koordination der
 Arbeiten für die sofortige Evakuierung und Aufnahme dieser Minderjährigen an die Hand
 genommen. Die Schweiz wurde von Deutschland angefragt, sich bei der Evakuierung zu
 beteiligen. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) hat eine Beteiligung
 mit der Aufnahme von rund 20 Kindern und Jugendlichen in Aussicht gestellt.
 Sollte als Teil einer langfristigen Lösung der Situation in Griechenland ein europäisches
 Umverteilungsprogramm zustande kommen, ist das EJPD bereit, eine weitere Aufnahme von
 UMA zu prüfen. Schliesslich führt das Staatssekretariat für Migration (SEM) seine bisherige
 Praxis in Bezug auf UMA aus Griechenland weiter: Im Rahmen einer weit gefassten
 Auslegung der Dublin Ill-Verordnung können UMA aus Griechenland mit familiärem Bezug in
 die Schweiz einreisen. Seit Mitte Mai 2020 wurden auf diese Weise 52 Kinder und
 Jugendliche aus Griechenland aufgenommen. Falls das SEM zudem selber, beispielsweise
 von Angehörigen in der Schweiz, über den Aufenthalt einer unbegleiteten minderjährigen
 Person in Griechenland erfährt, informiert es die zuständigen griechischen Behörden darüber,
 damit diese ein entsprechendes Gesuch stellen können. Wir sind der Überzeugung, dass wir
 so denjenigen Kindern und Jugendlichen eine Perspektive in der Schweiz geben können, die
 bereits einen Anknüpfungspunkt bei uns haben.
 Ich bedanke mich nochmals für Ihr wertvolles Engagement für Kinder und Jugendliche und
 hoffe, diese Ausführungen sind Ihnen nützlich.
Mit besten Grüssen
Karin Keller-Sutter
 Bundesrätin
 
 
   
       
      