Das Erdbeben am 12. Januar 2010 traf drei Millionen Menschen im ärmsten Land der westlichen Hemisphäre. Rund 250 000 Haitianer starben, 300 000 wurden verletzt. 1,5 Millionen Menschen verloren dauerhaft ihr Zuhause. In den ersten drei Monaten danach versorgte World Vision mehr als 100 000 Verletzte in 12 Kliniken und 40 000 Haushalte mit Nothilfe-Sets. Rund zwei Millionen Menschen profitierten von Nahrungsmittelhilfe.
Insbesondere in den vergangenen sechs Monaten hat sich die Situation in Haiti deutlich verbessert. Die Zahl der Menschen, die in Zeltlagern leben, konnte um 92 Prozent reduziert werden. Auch Krankheiten, wie beispielsweise die Cholera, wurden nahezu gestoppt. Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln ist besser geworden, nur noch wenige Regionen des Landes befinden sich in der höchsten Krisenstufe. Dennoch bleibt das Elend für viele Haitianer Alltag.
Haiti steht noch vor grossen Herausforderungen
Im kleinen Land sind rund 100 000 Kinder von moderater oder akuter Unterernährung betroffen, etwa 200 000 Menschen leiden unter gravierender Lebensmittelknappheit. Zehntausende leben nach wie vor in einem der fast 200 Zeltlager, die nach dem Erdbeben als Notunterkünfte entstanden sind. Nur ein Drittel von ihnen hat Zugang zu Trinkwasser, nur die Hälfte Zugang zu Toiletten. Ein funktionierendes Müllentsorgungssystem existiert nicht, und die Lager sind von Zwangsräumungen bedroht.
Erinnerungen an schwierige Soforthilfe
Bei dem Einsatz nach dem Erdbeben 2010 handelte es sich laut World Vision um einer der schwierigsten Einsätze, mit dem die weltweiten Hilfsorganisationen je zu tun hatten. So wurde der Wiederaufbau immer wieder durch Katastrophen wie einem Choleraausbruch, tropischen Stürmen oder Dürren zurückgeworfen. Als Hindernis beim Wiederaufbau erwies sich insbesondere die Schwäche des haitianischen Staates. Dieser hat es immer wieder versäumt, wichtige Entscheidungen zu treffen und zugleich durch ineffiziente und bürokratische Verfahren Fortschritte behindert.
Gemeinsam mit der Bevölkerung
World Vision konzentrierte sich deshalb darauf, den Wiederaufbau gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung umzusetzen. Der Bericht, den World Vision für den heutigen Jahrestag veröffentlichte, zeigt, dass 2 500 Haushalte bei der Reparatur ihrer Unterkünfte unterstützt wurden. Fast 2 800 provisorische Unterkünfte wurden gebaut. In 48 Kinderschutzzonen wurden 9 000 Kinder und Kleinkinder betreut. Etwa 250 000 Schülerinnen und Schüler in 848 Schulen wurden und werden regelmässig mit Essen versorgt. Im ganzen Land führten Teams im Rahmen der Katastrophenprävention-Trainings mit der Bevölkerung durch, damit die Menschen Gefahren frühzeitig erkennen und sich im Notfall richtig verhalten. Aber auch fünf Jahre nach der Katastrophe bleibt noch viel zu tun. World Vision ist deshalb weiterhin mit langfristigen Entwicklungsprojekten vor Ort tätig.