Die kriegerischen Auseinandersetzungen auf der philippinischen Insel Mindanao, die Überschwemmungen auf Quezon, den Tsunami 2004 in Südost-Asien, die Hungersnot am Horn von Afrika, Taifun Haiyan, die Flüchtlingskrise im Irak und schliesslich Nepal nach dem schweren Erdbeben: Ich kann ohne Übertreiben sagen, dass ich einige der schwierigsten Not- und Katastrophenfällen von World Vision der letzten Jahre begleitet habe. In den letzten 14 Jahren machte ich Erfahrungen, die mich tief berührten – als Kommunikatorin, als Mutter, als Mitarbeitende einer humanitären Hilfsorganisation und einfach als Mensch, der die tiefsten Abgründe, die grössten Nöte und die erstaunlichste Hoffnung erlebt hat. Ich erlebte die spannenden aber auch die unfassbar traurigen Seiten dieser Arbeit.
Mein Einsatz als «Reporterin» scheint vielleicht etwas bedeutungslos im Vergleich mit anderen World Vision-Mitarbeitenden, die von einer Krise zur nächsten reisen und vor Ort selber anpacken. Ich nehme keine Hilfsgüter in die Hand und verteile sie an Bedürftige. Doch ich gebe ebendiesen Menschen eine Stimme. Damit die Leute da draussen verstehen, wie es vor Ort aussieht. Und ich bin sicher, dass die Anforderungen an uns gleich anspruchsvoll sind: sich an die Bedürfnisse und den Kontext anzupassen, hart zu arbeiten, egal welche Aufgabe einem anvertraut wurde, an den Umständen zu wachsen und schliesslich mit den emotionalen Konsequenzen umzugehen. Und diese werden einen irgendwann einholen, glaubt mir. Niemand kann einen Not- und Katastrophen-Einsatz leisten wie einen 9-to-5-Job. Egal ob man dabei als Arzt, helfende Hand oder eben als Kommunikator dort ist.
Ich habe in dieser Zeit Vieles gelernt. Zum Beispiel, wie wichtig es ist, den Kontext der Menschen vor Ort zu verstehen. Denn man kann nicht einfach irgendwo hereinplatzen, sich aufführen wie der grösste Besserwisser (auch nicht, wenn man schon Jahrzehnte an Erfahrung in der Not- und Katastrophenhilfe hat) und einfach sein Ding durchziehen. In einer solchen Situation geht es nicht um einen selber – sondern darum, wie man seinen Job so macht, dass es den Mitmenschen etwas nützt. Es geht nicht um Anerkennung! Man ist gekommen, um zu helfen. Manchmal steht man im Scheinwerferlicht, klar. Aber dann muss man sich daran erinnern, dass man nur der Übermittler der Geschichte ist und nicht der Protagonist.
Humanitäre Hilfe entwickelt sich rasant und in Richtungen, die wir noch nie erlebt haben. Die stärksten Taifune, der grösste Flüchtlingsstrom, massive Erdbeben. Katastrophen, die unser Vorstellungsvermögen überschreiten und in denen wir es uns nicht leisten können, bei unserer Arbeit unbeholfen zu sein oder gar zu pfuschen. Egal wie klein unser Beitrag zum Gesamten ist, unsere Arbeit dient dazu, Menschenleben zu retten und das erfordert den höchsten Grad an Leistungsfähigkeit und Ausdauer von allen Beteiligten.
Gerade deshalb liebe ich aber meine Arbeit. Wenn man liebt, was man macht, versprüht man Hoffnung – etwas, was den Menschen in solchen Situationen meist fehlt, und was sie antreibt, wieder aufzustehen.