CEO-Reisetagebuch: 5 Franken für die eigene Gesundheit

8. März 2016

Velofahren bei brütender Hitze in Simbabwe

Reto Gerber, CEO / Geschäftsführer von World Vision Schweiz, fährt mit dem Buffalo Bike einen 27 km langen Schulweg ab.

In Simbabwe - einem Land, das Touristen vor allem dank der atemberaubenden Victoria-Fälle mit ihren riesigen Wassermassen bekannt ist und das erst kürzlich wegen einer schweren Dürrekatastrophe für Schlagzeilen gesorgt hat - scheint die Welt bei meiner Ankunft wieder in Ordnung zu sein. Es regnet und den Ortsunkundigen präsentiert sich das Land im grün blühenden Kleidchen. Doch der Schein trügt, liegt es doch nur daran, dass sich die lokale Flora schon nach wenigen Regentagen von den Strapazen erholt. Die Ernte, die ausfiel, und das Vieh, das verdurstete, bringen die paar Tropfen nicht wieder zurück. Etwas weiter im Landesinneren macht sich das ganze Ausmass der Katastrophe erkenntlich - unzählige ausgetrocknete Flussbette regen selbst Gegner der Klimawandel-Theorie zum Nachdenken an.

Die Dürre hat auch auf die städtischen Bewohner Simbabwe’s grossen Einfluss. In Bulawayo, nach der Hauptstadt Harare die zweitgrösste Stadt, besuche ich das BEWAP Projekt (Bulawayo Emergency Water Augmentation Programme), das World Vision mit der finanziellen Unterstützung von UKAID im März 2014 abgeschlossen hat. Bulawayo gehört zum trockensten Teil des Landes und Ende 2012 waren die meisten Wasserreservoire ausgetrocknet. Die Antwort auf den chronischen Mangel war eine Wasserrationierung auf jeden dritten Tag. Während eines Jahres hat World Vision zwei Drittel der städtischen Wasserversorgung rehabilitiert - von der Wasserreinigungsanlage aus den 70er-Jahren über Abwasserleitungen bis zu Toiletten. Heute kann man in Bulawayo, wie in der Schweiz, bedenkenlos «Hahneburger» trinken!

Kinder legen 27 Kilometer pro Schulweg zurück
Hunderte Kilometer weiter, an der Grenze zu Botswana, bekomme ich die Auswirkungen der Sonne auf eine ganz andere Art zu spüren. Ich begleite drei Schülerinnen einer Sekundarschule nach Hause - auf dem Velo. Sie gehören zu den 72 000 Kindern in Simbabwe, die von World Vision Schweiz im Rahmen des Velo-Projekts bis 2017 mit einem robusten Buffalo-Bike ausgestattet werden. Während ich die ersten paar Kilometer noch mit den Mädchen rumalbere, merke ich schon bald, wie mir die Hitze und die Anstrengung des holprigen Weges zu schaffen machen. Die Sonne brennt uns ungehindert auf den Kopf, und als ich nach rund 18 Kilometer erschöpft vom Sattel steige, will ich mir gar nicht vorstellen, wie quälend diese Schulwege zu Fuss sein müssen. Zwei der Mädchen sind nun schon zuhause, während das dritte von ihnen noch weitere 9 Kilometer radeln muss. Gewiss, die Körper der Mädchen und Buben hier sind sich die Distanzen gewöhnt. Aber stellen Sie sich mal vor, Sie müssten noch Ufzgi machen und lernen, nachdem Sie vom Hauptbahnhof Zürich nach Zug und wieder zurück gewandert sind…

Gesundheitshelferinnen in Simbabwe - die «afrikanische Spitex»
Nicht nur Schulkindern erleichtern die Buffalo-Bikes den Alltag. In Fumugwe, südwestlich des Matobo National Parks, nutzen von World Vision ausgebildete Gesundheitshelferinnen die Velos, um von Haushalt zu Haushalt zu fahren und die wichtigsten Gesundheitsdienste zu erbringen. Man kann sich das vorstellen wie eine Art Spitex - nur dass diese Besuche für die Menschen hier viel wichtiger sind, weil es keine Hausärzte gibt. Einen Arzt findet man nur in den oft dutzende Kilometer entfernten Gesundheitsstationen. Ich begleite eine der Helferinnen auf einem Hausbesuch: Ein 12-jähriger Bub, der durch seine Behinderung nur schwer schlucken kann und stark unterernährt ist, und ein Säugling, bei der Geburt mit HIV infiziert. Die Diagnose ist schnell gemacht, die Patienten müssen dringend in ein Krankenhaus. Ich muss mich beherrschen, nicht zu weinen; solch ein Elend sieht man nicht jeden Tag. Zumindest, wenn man aus der Schweiz kommt - Simbabwe zählt zu den weltweit am stärksten von HIV und Aids betroffenen Ländern, rund jeder fünfte Erwachsene ist infiziert. Viele Mutter-Kind-Übertragungen geschehen während der Schwangerschaft, der Wehen, der Geburt oder dem Stillen. Umso wichtiger ist die Arbeit der Gesundheitshelferinnen, welche Komplikationen frühzeitig erkennen, medizinische Versorgung leisten, einen Spital-Transport organisieren oder den Frauen bei der Geburt beistehen, sodass diese nicht ohne medizinische Hilfe zuhause gebären müssen.

Neue Gesundheitsstation für 4 000 Menschen
Zum Abschluss meiner Reise besuche ich das neue Entwicklungsprojekt «Matobo-Kezi» von World Vision Schweiz. Künftig können Spenderinnen und Spender diese Region mit einer Dorfpatenschaft unterstützen. Das Spezielle an diesem Projekt: Die Gemeinschaft zählt selbst zu den Spendern! Jeder Bewohner hat nämlich 5 Franken in den Bau einer neuen Gesundheitsstation investiert. Bis anhin mussten die Bewohner bis zu 20 Kilometer zur nächsten Station zurücklegen, weshalb viele Kranke oder Verunfallte den Weg nicht rechtzeitig schafften oder gar nicht erst auf sich nehmen konnten. Die neue Station soll für über 4 000 Menschen erreichbar sein; einen Grossteil der Bauarbeiten übernimmt die Gemeinschaft selber. Mit mässigem Erfolg versuche ich selber, einen Eimer voll Kies auf dem Kopf zu balancieren, unter den Armen Backsteine, um das Material zur Baustelle zu tragen. Ich werde hier stets mit so viel Freude und Respekt empfangen, dass es mir wichtig ist, den Menschen zu zeigen, dass auch ich nur ein normaler Mensch bin.

Manchmal ist es aber doch ganz speziell, der CEO / Geschäftsführer zu sein. Beispielsweise als ich am Nachmittag vor den wichtigen Behörden sowie dem Bezirksrats-Präsidenten von Matobo-Kezi symbolisch das Band durchschneiden und so unser regionales Büro einweihen durfte. Das war mir eine grosse Ehre und ich freue mich sehr auf eine gute Zusammenarbeit.

Der Abschied von diesen herzlichen, fröhlichen und nie um einen Witz verlegenen Menschen in Simbabwe fällt schwer - eine Woche hat gereicht, Land und Leute tief in mein Herz zu schliessen – den oftmals schwierigen Umständen zum Trotz.

 

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