Ukraine: Julia und ihr Sohn David suchen Schutz in Rumänien

30. April 2022

Ukraine: Eine Mutter mit ihrem Sohn sehen sich an.

Julia und ihr Sohn David sind aus einem Kiewer Vorort geflohen.

Text: Mike Bruce, World Vision Rumänien

 

Es ist 6.55 Uhr in einer Wohnung in einem Kiewer Vorort. Die 44-jährige Julia rüttelt ihren Sohn David aus dem Schlaf. «Wir müssen, schnell!», flüstert sie. Hastig steht David auf, zieht sich an und um 7 Uhr verlassen die beiden das Haus. Sie flüchten in Richtung rumänischer Grenze.  

Eigentlich will Julia die Ukraine nicht verlassen, aber die Bomben fallen seit fünf Tagen zu nah an ihrem Haus. Deshalb hat sie entschieden, dass die Zeit für die Flucht reif ist. 

Julia hält eine Foto von ihr und ihrem Mann Leonid in den Händen: Es zeigt die beiden als jungverliebte 20-Jährige.

Julia hält eine Foto von ihr und ihrem Mann Leonid in den Händen: Es zeigt die beiden als jungverliebte 20-Jährige.

Im Strudel der Entscheidungen, was sie mitnehmen soll, packt Julia hastig eine grosse Mappe mit Familienfotos ein – eine dicke Handvoll Schwarz-Weiss-Fotos von Schullandheimen aus der Sowjetzeit, Familienpicknicks und Winterurlauben. «Diese Fotos sind vielleicht alles, was mir bleibt», sagt sie traurig. 

Darunter ist auch ein Bild von ihr und ihrem Mann Leonid, ein farbiges Studioporträt von zwei verliebten 20-Jährigen. Abgesehen von der Tatsache, dass erwachsene Männer in der Ukraine zurückbleiben müssen, leidet Leonid an chronischem Nierenversagen und kann sich nicht vorstellen, von der täglichen Dialyse getrennt zu sein.

Flucht an die rumänische Grenze

Mit Hilfe einer örtlichen Kirche steigen Julia und ich 8-jähriger Sohn David mit etwa 25 weiteren Personen in einen kleinen Bus. Dieser bringt sie in die südukrainische Stadt Czernowitz. Doch jedes freie Zimmer in der Stadt ist von anderen Familien aus der Ukraine belegt. Sie alle fliehen vor der Front. Daher beschliesst Julia, über die rumänische Grenze weiter nach Süden zu ziehen.

Hilfsbereitschaft und Grosszügigkeit

Am Bukarester Bahnhof entdeckt eine Polizistin die verwirrt dreinblickende Julia, die weinend durch den Bahnhof läuft. Sie gibt ihr die Adresse eines Frauenhauses in den inneren Vororten von Bukarest: Hier werden über 40 der insgesamt 100 Zimmer an ukrainische Geflüchtete vergeben. World Vision unterstützt dieses Frauenhaus. «Ich kann kaum glauben, wie grosszügig die Menschen sind. Es ist schwer zu verstehen, warum sie uns helfen wollen... Und es fällt mir schwer, Hilfe anzunehmen», sagt sie.

Wie so viele, die aus der Ukraine geflohen sind, ist auch Julia in erster Linie froh, in Sicherheit zu sein. Ihr Sohn David scheint glücklich zu sein. Er spielt in der Unterkunft mit einem neu gewonnenen rumänischen Freund und vertreibt sich die Zeit mit Roblox [Anmerkung: eine Online-Game-Plattform] und YouTube. Aber die Gedanken an die Zukunft sind nie weit weg.

Ukraine: Eine Frau schaut sich Fotos an.

Vielleicht sind die Fotos alles, was Julia künftig an glückliche Tage erinnern wird: Sorgfältig sortiert sie jene Bilder aus, die sie auf der Flucht mitnehmen möchte.

«Ich hatte nie geplant, nach Rumänien zu kommen, aber hier bin ich – eine Art Obdachlose. Wir haben ein Dach über dem Kopf, wir haben eine Dusche, wir haben Essen, aber ich habe keine Ahnung, wie lange ich hier sein werde oder wie lange ich hier sein kann. Und ob oder wann wir jemals in die Ukraine zurückkehren können.»

Trotz all dem Trauma, dem Umbruch und der Last der Ungewissheit: Julia ist dankbar. «Ich denke, dass der Krieg für mich eines Tages vorbei sein wird. Aber mein Herz schlägt für diese Frauen hier im Frauenhaus [Anmerkung: Opfer häuslicher Gewalt] – ihr Krieg geht einfach weiter.»

 

Das Leid der aus der Ukraine geflüchteten ist gross. Vor allem Kinder leiden. Dank Kinderschutzzonen von World Vision können sich erschöpfte Eltern und Kinder erholen. Ihre Spende hilft!

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