Im jüngsten Land der Welt herrscht seit fast einem Jahr Bürgerkrieg. Mittlerweile sind im Südsudan laut offiziellen UN-Angaben 3.8 Millionen Menschen dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. 1.7 Millionen Menschen wurden aus ihrem Zuhause vertrieben. Viele von ihnen leben in provisorischen UN-Flüchtlingscamps. Wegen der immer wieder ausbrechenden Gewalt musste World Vision die Lebensmittelverteilung an einigen Orten abbrechen, da die Situation zu gefährlich war. Die Versorgungslage ist im ganzen Land prekär, eine Hungersnot kann nur schwer abgewandt werden. World Vision arbeitet eng mit UN-Organisationen zusammen und ist gemeinsam mit dem Welternährungsprogramm (WFP) der grösste Verteiler von Nahrungsmittelhilfe im Südsudan.
Kinder fühlen sich wie in einem Gefängnis
Jerry Kenney, zuständig für den Bereich Kinderrechte und Kinderschutz bei World Vision Südsudan, hat zahlreiche Kinder im Land zu ihrer Situation befragt. Seine Auswertungen werden in einen Report von World Vision fliessen. «Zu oft verlieren sich die Stimmen der Kinder in der Fülle von Meldungen über Friedensverhandlungen und Warnungen vor Hungersnöten», ist er sich sicher. «Dadurch geben wir den Kindern, den Schwächsten in der Gesellschaft, noch mehr das Gefühl, nicht den geringsten Einfluss zu haben.» Kenney hat erschütternde Erlebnisse gehört und schockierende Lebenssituationen gesehen. In der Hauptstadt Juba beispielsweise leben tausende von Kindern zusammengepfercht in einem provisorischen UN-Camp. Die Verhältnisse sind dramatisch und trotzdem wagt sich niemand aus dem Camp heraus – zu gross ist die Angst vor gewalttätigen Banden. «Die Kinder fühlen sich wie in einem Gefängnis», sagt Jerry Kenney.
Kinderschutzzonen sind Oasen des Friedens
In Malakal im Norden des Südsudans versuchen Kinder als Verkäufer, Schubkarrenfahrer oder Wasserträger etwas Geld zu verdienen. Eindrücklich war die Begegnung mit einem Jungen, den Kenney fragte: «Wenn du die Möglichkeit hättest, etwas zu ändern: Was wäre das?» Nach einer kurzen Pause starrte der Junge resigniert auf den Boden und murmelte: «Wir können überhaupt nichts ändern. Wir haben keine Macht.» Über 50 Prozent der Südsudanesischen Bevölkerung ist minderjährig. World Vision gibt diesen Kindern und Jugendlichen eine Stimme und weist auf die Ungerechtigkeiten hin, welche sie jeden Tag erfahren. Zusätzlich richtet World Vision Kinderschutzzonen ein, wo die Kinder mit ihren Freunden spielen und die traumatischen Erlebnisse verarbeiten können. «Kinder wurden aus ihrem vertrauten Umfeld herausgerissen und in neue Welten gestossen voller Schmerz und Elend. Sie erinnern sich an Zuhause und wollen zurückkehren. Sie warten und hoffen, dass sie den Weg zurück nicht vergessen.»