Südsudan: vom Schulmädchen zur Mutter von drei Kindern

23. Juni 2020

Juba, Südsudan: Ein Mädchen hält ihre kleine Schwester in den Armen.

Paska mit ihrer Schwester Rose. Paska ist selbst erst 11 Jahre, muss sich aber schon alleine um die Kleine kümmern.

Text: World Vision International

Manche Eltern sind überfordert, wenn sie zum ersten Mal ein Kind bekommen und vom einen Tag auf dem nächsten plötzlich für ein Baby verantwortlich sind. Die meisten Eltern können sich aber neun Monate auf den Familienzuwachs vorbereiten. Die 11-jährige Paska wurde auf einen Schlag Mutter von drei Kindern, als ihre Mutter bei der Geburt ihrer kleinen Schwester Rose unverhofft verstarb. Bald darauf verliess auch der Vater die Familie. 

Das Leben als 11-jährige Mutter
Allein gelassen, übernahm Paska die Verantwortung für ihre drei jüngeren Geschwister und brach die Schule ab, um sich um das Baby Rose zu kümmern. Das war nicht leicht für Paska: «Es tut weh, zusehen zu müssen, wie andere Kinder in meinem Alter in die Schule gehen während ich mich ohne Unterstützung um meine Geschwister kümmern muss.» 

Die Mädchen wurden zwar bald danach zu einem Onkel geschickt, der in der Nähe wohnte. Weil der aber an Alkoholismus leidet, sprang aus Angst um die Sicherheit der Kinder ihre Tante Lily ein. Paska und ihre Geschwister leben jetzt mit Lily in der südsudanesischen Hauptstadt Juba. Unbeschwert ist das Leben der 11-Jährigen aber trotzdem nicht. Lily hat selbst Kinder, und obwohl sie sich für ihre erweiterte Familie verantwortlich fühlt, gibt sie zu: «Ich kann nicht für sie sorgen».

Paska sagt: «Unser Leben war viel besser, als unsere Mutter noch lebte, auch wenn sie keine Arbeit hatte. Jetzt ist es schrecklich.» Rose war stark unterernährt, da sie keine Muttermilch bekam. Seit einigen Monaten bringt sie Paska deshalb pflichtbewusst in ein Ernährungszentrum, um sie behandeln zu lassen. «Ich brachte sie jede Woche dorthin, weil es ihr so schlecht ging. Jetzt, nachdem es ihr so viel besser geht, nehme ich sie alle zwei Wochen einmal mit. Das Team des Ernährungszentrums in Juba wird von World Vision unterstützt und konnte bereits 4’370 schwer unterernährte Kinder betreuen. 

Coronavirus und Unterernährung 
Die wirtschaftliche Instabilität des Landes, anhaltende Konflikte und Dürren gefährden im Südsudan seit Jahren die das Leben der Kinder. Und die Zahl der von Unter- und Mangelernährung betroffenen Kinder wächst weiter. 
Die COVID-19-Pandemie verschärft die Situation nun noch einmal. Der erste Corona-Fall im Südsudan wurde am 5. April 2020 bestätigt. Wie sich der Virus und die damit verbundenen Massnahmen auswirkt, macht dem Ernährungsexperte von World Vision in Juba, Rahab Kimani, grosse Sorgen: 

«Die Schliessung von Geschäften, Märkten und anderen Einkommensmöglichkeiten für Familien, wird dazu führend, dass sie Lebensmittel und andere lebensnotwendige Güter nicht mehr kaufen können.» 

Insbesondere für Kinder ist das verheerend. Tatsächlich geht das Welternährungsprogramm (WFP) davon aus, dass sich die Zahl der Menschen, die nicht genug zu essen haben, aufgrund der Coronavirus-Pandemie weltweit fast verdoppeln könnte. Und es bedeutet auch, dass die Arbeit in den Entwicklungsprojekten stark gestört wird, wie Rahab Kimani befürchtet: «Das ist meine grösste Sorge – ebenso wie die der Mütter, mit denen ich spreche. Da die Bewegungsfreiheit der Menschen eingeschränkt wird, steht zu befürchten, dass die lebensrettende Ernährungshilfe die unterernährten Kindern und Müttern nicht mehr erreicht.»

Juba, Südsudan: Ein Mädchen mit zwei ihrer drei Geschwister vor einer Lehmhütte.
Paskas kleine Schwester Rose erholt sich gerade erst von der Mangelernährung. Um vollständig gesund zu werden, braucht sie weiterhin Zusatznahrung.

Konflikte, Dürren und jetzt noch die Pandemie
Für Paska und ihre Geschwister ist diese Angst sehr real. Dass sie nicht mehr zur Schule kann, ist im Vergleich dazu gar nicht so wichtig – wegen dem Coronavirus wurden die Schulen vorübergehend geschlossen. Ihre grösste Angst ist es, dass ihre Schwester Rose nicht mehr gesund wird. Rose fängt gerade erst an, sich von der Mangelernährung zu erholen, aber ohne weitere Zusatznahrung und regelmässige Kontrollen besteht die Gefahr, dass sie sich nicht komplett erholen wird und nicht so gedeihen, wachsen und sich entwickeln könnte, wie sie sollte. 

Juba, Südsudan: Ein World Vision-Mitarbeiter erklärt Müttern in Juba, wie sie sich vor dem Corona-Virus schützen können.
Im Ernährungszentrum von World Vision erklärt World Vision-Mitarbeiter Jimmy Samuel Moro den Müttern wie sie sich vor dem Virus schützen können. Die Angst in der Gruppe ist gross.

«Yomima Aja Watts, Mitarbeiterin von World Vision Südsudan, beobachtet den Zustand der Kleinen genau und besucht sie von Zeit zu Zeit. «Diese Kinder brauchen eine sichere Umgebung. Sie müssen auch zur Schule gehen. Ohne die richtige Pflege und Ernährung wird sie [Rose] weiterhin unterernährt bleiben», sagt Watts. 

Im Südsudan wird World Vision weiterhin alles tun, um gefährdeten Familien wie der von Paska zu helfen. Wir informieren zum Beispiel über die aktuelle Situation und wirksame Schutzmassnahmen, verteilen Handwaschutensilien und Lebensmittelpakete und stellen Bargeld und Gutscheine zur Verfügung, damit die Familien sicher und gesund bleiben. Kinder wie Paska und Rose brauchen diese Hilfe jetzt mehr denn je. 

Unsere Hilfsmassnahmen und Entwicklungsprojekte retten Leben. Dank Ihrer Unterstützung können wir weiter helfen – vielen Dank. Spenden Sie für unseren weltweiten COVID-19-Nothilfe.
 

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