Sri Lanka: Keine Kunden-Reklamationen

30. April 2018

Frau hält gesticktes Hemd in Sri Lanka.

«So lange die Menschen nicht aufhören zu sterben, werde ich Arbeit haben», Mallika (47) aus Sri Lanka.

Die Mutter von zwei Kindern hat den Beruf der Näherin von ihrer Mutter übernommen – erfolgreich war sie mit ihren bestickten Kissenbezügen und Sari-Blusen aber nicht. «Meine Klienten beschwerten sich ständig, dass hier etwas zu locker und da etwas zu eng sei. So gab ich letztendlich auf», erklärt Mallika. «Ich war früher in nichts gut», sagt sie von sich selbst, «und habe immer schnell das Interesse an einer Sache verloren». Doch dann wurde ihr Mann arbeitslos und es wurde schwierig für die Familie, den Alltag ohne regelmässiges Einkommen zu bestreiten. Mallika erzählt: «Zu dem Zeitpunkt habe ich mich entschieden, mein Handwerk wiederaufzunehmen – aber diesmal mit Totengewändern. Da konnte ich es mir leisten, ein wenig bei der Qualität zu schummeln. Ich habe jeweils nur die Hälfte gemacht, weil man die Rückseite sowieso nicht sieht.» 

Der schwierige Weg zum Erfolg
Das neue Business verbesserte zwar ihr Einkommen, verschlimmerte aber ihre Lebensqualität: Die Nachbaren sahen in ihr ein schlechtes Omen und schlugen Türen und Fenster zu, wenn sie vorbeilief. Tief im Inneren verletzt, machte sie sich Sorgen, was für eine Auswirkung ihr Job auf ihre zwei Töchter haben würde. Doch die Tatsache, dass sie als Familie zusammengepfercht in einer Einzimmerwohnung leben mussten, war Mallikas Antrieb weiterzumachen. «Es war eine grosse Herausforderung, alle zu Hause zu ernähren und ich fühlte mich alt und krank. Mein Mann war immer noch arbeitslos und ich wurde sehr oft wütend auf ihn – drohte ihm mit der Scheidung, falls er keinen Job finden würde» berichtet sie.

Nachdem World Vision in ihrer Region mit der langfristigen Projektarbeit begonnen hatte, änderte sich das Leben für die Familie. Mallikas Töchter wurden in das Patenschafts- und sie selbst in ein Motivations-Programm aufgenommen. «Ich wusste nicht, wie die anderen Teilnehmer auf mich reagieren würden, trotzdem ging ich hin», erzählt sie. «Das Programm hat mein Leben verändert. Es hat mir geholfen, mein Potenzial zu entfalten und meine innere Stärke zu finden.» 

Durch World Vision konnte Mallika auch an einem Kurs zum Ausbau ihrer unternehmerischen Fähigkeiten teilnehmen. Dort lernte sie Marketingstrategien, Finanzbuchhaltung sowie praktische Fertigkeiten im Bereich Schneiderei. «Obwohl ich viel Neues dazugelernt habe, entschloss ich mich, bei der Herstellung der Totengewänder zu bleiben». Warum? «Weil sich die Kunden nie beklagen», sagt sie mit einem Augenzwinkern, «auf jeden Fall nicht, bevor ich selbst im Himmel bin». Trotzdem hatte sich etwas an ihrer Einstellung geändert: «Seit dem Kurs gebe ich qualitativ mein Bestes. Die Gewänder sind gut genug, um damit auf eine Hochzeit zu gehen. Und wenn die Angehörigen arm sind, erhalten sie die Totenhemden umsonst.»

Neue Zukunftsperspektiven dank Weiterbildung
Mit ihrem neu erlangten Marketingwissen hat Mallika damit begonnen, bei jeder Bestellung ein gratis Sargkissen anzubieten. Dies führte im Nu zu einer erhöhten Nachfrage. Ihr Mann packt nun ebenfalls an und hilft beim Materialeinkauf und bei der Auslieferung der Kleider. Sie erzählt: «Am Anfang hatte ich noch Zeit auszumessen. Aber als das Geschäft anzog, fing ich an, drei Grössen anzubieten und die Gewänder nur noch bei Bedarf anzupassen.» Mit dem erzielten Gewinn konnte sie sich ein Haus mit drei Zimmern neben der Kirche kaufen. Sie sieht sich heute selbst mit neuen Augen und auch ihre Nachbarn haben ein anderes Bild von ihr. 

Inzwischen deckt Mallikas Geschäft mehrere Distrikte ab und beliefert eines der renommiertesten Bestattungsunternehmen in Sri Lanka. Sie konnte sich nicht nur einen Lieferwagen anschaffen, sondern kümmert sich auch um die Bedürfnisse ihrer Familie. Aber nicht nur das: Mallika finanziert zusätzlich Stipendien für Studenten, die aus armen Verhältnissen stammen, und sie hat mit ihrer Firma Arbeitsplätze für besonders benachteiligte Frauen aus dem Dorf geschaffen. Ihr Fazit: «So lange die Menschen nicht aufhören zu sterben, werde ich Arbeit haben. Aber ich stelle sicher, dass sie  schönst möglich gekleidet ihre letzte Reise antreten.»
 

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