Ein feiner Geruch von Honig-Brötchen macht sich schon mehrere Meter vor dem Eintreten in die Bäckerei breit. Drinnen sieht es wie in einem Bienenstock aus: Mehrere Personen versuchen, als erstes die noch warmen Brötchen, die direkt aus dem Ofen kommen, zu ergattern. Der junge Inhaber seinerseits schwirrt auch umher und erledigt mehrere Tätigkeiten gleichzeitig: Während er Zutaten zu einem Teig zusammenrührt, hat er den Backofen im Blick und kümmert sich noch um seine Kunden.
Es ist der 26-jährige Charles Bihirabake. Dass ein so junger Mann ein solches Geschäft führt, ist schon aussergewöhnlich. Noch spezieller wird die Story aber, wenn man seine Geschichte hört.
Das älteste von 7 Kindern wuchs in einfachen Verhältnissen im südlichen Ruanda auf. Aufgrund der Armut konnte Bihirabake nie zur Schule gehen. Mit 20 Jahren musste er seine Heimat verlassen und in der Hauptstadt Kigali nach Arbeit suchen. Kurzzeitig war er erfolgreich, doch nachdem er das gesparte Geld nach Hause gebracht hatte, fand er bei seiner Rückkehr seine Wohnung verlassen vor. Auch das restliche Geld war verschwunden. Daraufhin musste er zwei Monate auf der Strasse leben, bis er sich entschloss, nach Hause zurückzukehren. Hier hatte er das Glück, eine Stelle in einer Bäckerei zu bekommen. Ein Jahr lang leistete er vollen Einsatz und lernte das ganze Handwerk kennen.
Im Rahmen eines World Vision-Projektes zur Sicherung der Lebensgrundlagen wurde Bihirabake als Teilnehmer vorgeschlagen. Er entschied sich mitzumachen und schloss sich der lokalen Spar- und Leihgruppe an. Nach einem Jahr ging er auf volles Risiko und entschied sich, seine eigene Bäckerei zu gründen. Dazu beantragte er einen Start-Up Kredit, um Mehl, Öl und einen Ofen zu kaufen. «Ich widmete meine ganze Zeit und Energie meiner Idee. Ich wollte die besten Brötchen machen und gab alles dafür», erzählt Bihirabake.
Heute produziert er über 360 Brotlaibe pro Woche und liefert diese an Supermärkte in der Region aus. Er verdient 60 000 Ruanda Franc pro Woche, was rund 80 Franken und einem Vielfachen des Durchschnittseinkommens im Land entspricht. Er konnte sich ein Haus kaufen und eine schöne Hochzeit feiern. Auch den Kleinkredit von World Vision konnte er bereits vollständig zurückzahlen.
Nun will Bihirabake seine Bäckerei weiter ausbauen. «Als erstes will ich die Produktion verbessern, um dann in neue Märkte vordringen zu können – und Arbeitsplätze für die Jugend schaffen.»
Bihirabake ist ein Beispiel dafür, was man mit harter Arbeit und unbedingtem Willen erreichen kann, und ein Vorbild für die Jungen in der Region. Sein Rat: «Ein Schulabschluss ist gut, aber wer nicht zur Schule geht, soll nicht in Selbstmitleid versinken. Jeder Jugendliche, ob schulisch gebildet oder nicht, soll einfach alles geben, um seine Ziele für ein besseres Leben zu erreichen.»