Mütter im Südsudan: Das Schlimmste sind die Kindertränen

12. Mai 2017

Abuk mit ihren 2-jährigen Zwillingen.

Schon vor Sonnenaufgang ist Abuk aufgestanden und mit ihren Zwillingen unter dem Arm losgelaufen, als sie davon hörte, dass nicht weit von ihrem Dorf Nahrungsmittel an hungernde Familien verteilt werden sollten. Abuk ist sehr hungrig, denn sie hat in den letzten Tagen ihren Magen nur mit Blättern gefüllt, die sie von Bäumen gepflückt hat.

3 Stunden musste sie laufen, erzählt sie. Für die junge Mutter ist diese Distanz mit den 2 Jahre alten Zwillingen auf dem Arm zwar eine grosse Anstrengung, aber nichts Ungewohntes. Allein für Trinkwasser läuft sie jeden Tag eine Stunde zur nächsten Quelle. Viel schlimmer ist für sie das Weinen ihrer Kinder. Nyal und Tyef hängen an Abuks Brüsten, weinen und wollen Milch, aber die kann Abuk ihren Kindern nicht mehr bieten. 

Die Situation im Südsudan wird immer schlimmer
Seit Februar herrscht in Teilen des Südsudans offiziell eine Hungersnot und fast 5 Millionen Menschen leben an der Sterbensgrenze. Diesen Sommer werden es noch viele mehr sein, denn die Situation verschlimmert sich weiter. Eine Wirtschaftskrise und langwieriger politischer Konflikt tragen dazu bei, aber auch die Regenzeit blieb in den letzten Jahren in vielen Teilen des Landes aus. Dort wo es regnete, sorgten Überflutungen dafür, dass auch die letzte Ernte zugrunde ging. «Ich merke, dass die Situation hier schlimmer wird, denn jetzt kann ich nicht einmal mehr Muttermilch produzieren. Ich habe Hunger, aber was mir mehr Angst macht ist, dass ich meine Kinder nicht ernähren kann», erzählt Abuk und starrt zu Boden. Sie sitzt in einem dürren Feld, auf dem schon seit Jahren nicht mehr geerntet wurde. Geld für den Kauf von Essen hat sie nicht, aber selbst mit dem Südsudanesischen Pfund würde sie nicht weit kommen. Die Währung verliert immer mehr an Wert.

Noch vor 6 Jahren, als der Südsudan unabhängig wurde, hatte Abuk Hoffnung. Diese wurde bald erschüttert, als der Machtkampf zwischen der Dinka-Regierung und der Nuer-Opposition das Land in einen neuen Krieg stürzte und die Regierung auseinander brach. Abuks Dorf wurde überfallen. Ihr Ehemann kam dabei uns Leben und die junge Mutter musste fliehen. Seither ist sie allein mit ihren Kindern. 

World Vision verteilt monatlich Lebensmittel an die Bevölkerung
Abuks Hoffnung konzentriert sich jetzt auf das Überleben. «Ich denke wir werden genug für den nächsten Monat bekommen», meint sie, «vielleicht sogar Milch für meine Zwillinge.» Die Lebensmittelverteilung findet jeden Monat statt und unterstützt Menschen durch die Hungersnot hindurch. «Familien werden hier offiziell registriert und bekommen dann Bohnen und Getreide. Gleichzeitig mobilisieren wir die Menschen aber auch, selbst anzubauen und bieten Kurse an, damit sie dies verwirklichen können», erzählt World Vision-Mitarbeiterin Rose Ogola, die bei der Verteilung hilft. «Das Essen erhalten wir vom UN-Welternährungsprogramm in der Hauptstadt Juba und fahren es dann mit Lastwagen in die abgelegenen Teile des Landes», fügt sie hinzu.

Abuk ist eine von über 3‘000 Menschen, die an diesem Tag Nahrungsmittel erhalten. Das dürre Feld, in dem sie mit ihren Kindern sitzt, ist nun voller Menschen. Ob ihr wohl jemand helfen wird, die schweren Säcke nach Hause zu tragen? Das beschäftigt sie beim Warten. Der Austeilungsort liegt strategisch an einer Strasse und in der Mitte der umliegenden Dörfer, trotzdem hat es Abuk weit. Jeden Monat möchte sie jetzt herkommen, damit sie ihre Familie gesund ernähren kann. «Wenn ich etwas zu Essen habe, kann ich auch meine Kinder am Leben erhalten», erzählt sie, mit einem Schimmer Mut in ihren Augen. 

Abuk kämpft für ihre Kinder
Tausenden von Müttern geht es ähnlich wie Abuk. Mehr als 1,8 Millionen Menschen sind ihren Dörfern wegen des Konfliktes entflohen und auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Über 1,5 Millionen flohen bereits in Nachbarländer, viele zieht es in das naheliegende Uganda. «Ich kenne bereits Mütter, deren Kinder vor Hunger gestorben sind. Das Leid ist so gross. Manchmal weiss ich selbst nicht, wie ich ohne meinen Mann und meine Familie weitermachen soll. Ich werde aber für meine Kinder weiterkämpfen», sagt Abuk entschlossen, während sie ihre Kinder auf den Arm hievt und sich den anderen Müttern anschliesst, die bereits in einer geordneten Reihe warten, um die überlebenswichtige Nahrung zu erhalten.

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