Mit der Nähmaschine gegen das Virus

9. Oktober 2020

Bangladesch: Ein Mädchen näht bunte Mundschutzmasken mit einer Nähmaschine von World Vision.

Eine Ausbildung, eine Nähmaschine, ein Traum: Die 17-jährige Akhi fertigt als Schneiderin zum Schutz vor Corona jetzt Masken für alle.

Text: World Vision Schweiz

 

Akhi ist 17 Jahre alt. Sie lebt mit ihrer Familie in Khulna, Bangladesch, in einem slumähnlichen Viertel. Alle vier Personen wohnen in einem Zimmer, es ist ein sehr kleines Haus mit einem Wellblechdach. Bangladesch gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Viele Kinder müssen arbeiten, um ihre Familie mitzufinanzieren – auch Akhi und ihre Schwester. Ihr Vater Masud war lange Zeit in einer Verarbeitungsfabrik für Garnelen angestellt. Als er wegen einer körperlichen Behinderung aufhören musste, versuchte Akhis Mutter Anowara mit ihren beiden Töchtern das Überleben zu sichern. Alle drei arbeiteten in der gleichen Fabrik wie der Vater. Der Job in dieser Branche gilt als schädlich und gefährlich, gerade für Kinder. Schlecht bezahlt ist er zudem auch. Drei Jahre konnte Akhi nicht zur Schule gehen, sondern in die Fabrik. Doch das Einkommen der Familie reichte noch nicht einmal für drei Mahlzeiten am Tag.

Mit der Hilfe von World Vision gelang es, Akhi von dieser gefährlichen Arbeit zu befreien. Das Jiboner-Jannya-Projekt in Bangladesch versuchte, das Mädchen wieder an einer Schule anzumelden. «Aber alle lehnten sie ab, weil sie die Altersschwelle für neue Schüler überschritten hatte», so Projektmitarbeiterin Abeda. Sie halfen Akhi, sich eine neue Zukunft aufzubauen und einen neuen Traum zu realisieren: als selbständige Schneiderin. Sie finanzierten ihre die Ausbildung, kauften ihr eine Nähmaschine und einen Stapel Stoffe. Das war der Grundstock für die Veränderung, von der heute die ganze Nachbarschaft profitiert.

Stillstand durch Corona

Mit der Unterstützung ihrer Mutter und ihrer älteren Schwester führt Akhi in Khulna ein eigenes Geschäft. Sie verkaufen Kleider, Tuniken und Schmuck, alles stellt Akhi selber her. Die Gemeinde bestellte Tuniken und Kinderkleider. Über soziale Medien brachte sie sich bei, wie man aus Papier und Perlen Blumenvasen, Matten, Taschen und Schmuck herstellt. 3.000 Taka verdiente sie, 34 Schweizer Franken. Durch das zusätzliche Einkommen der jüngsten Tochter konnte sich die Familie endlich gutes Essen leisten, Fleisch, Fisch und frisches Obst. Doch dann kam Corona. Und Akhi musste sich wieder verändern.

«Alles kam zum Stillstand, als sich das Virus in unserem Land auszubreiten begann. Meine Mutter und meine Schwester konnten nicht zur Arbeit in die Garnelenfabrik gehen, und ich konnte meinen Laden nicht offenhalten», erzählt sie. Die Regierung schloss die Fabriken, die Menschen mussten zuhause bleiben und die Arbeitsaufträge für Akhi gingen zurück. Es blieb nur knapp ein Drittel von dem, was sie vorher verdient hatte, gerade einmal 11 Franken. Akhi fing an, Drachen herzustellen, die die Kinder auf den Dächern ihrer Häuser steigen lassen konnten. Und sie produzierte Masken, die die Gemeinschaft dringend brauchte.

Bangladesch: Ein Mädchen hält ihre Auszeichnung als «Real Life Hero» in den Händen.

Die Vereinten Nationen haben Akhi als «Real Life Hero» anerkannt, weil sie in der Corona-Krise mit günstigen bis kostenlosen Masken ihre Nachbarn unterstützt.

Eine wahre «Heldin des Alltags»

«Als das Coronavirus kam, gab es kaum Masken auf dem Markt, und sie waren sehr teuer. Die armen Menschen in unserer Gemeinde konnten sie nicht kaufen», so Akhi. Seitdem näht sie den zwingend erforderlichen Mund-Nase-Schutz selbst und verkauft ihn zu einem niedrigen Preis, damit ihn sich alle Menschen in ihrer Nachbarschaft leisten können. «Denen, die kein Geld haben, gebe ich die Masken sogar umsonst», sagt Akhi. Das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (kurz: UN OCHA) hat sie darum zu einem «Real Life Hero» ernannt, einer wahren Heldin des Alltags.

«World Vision hat uns gelehrt, gut zu unseren Nachbarn zu sein», sagt Anowara. Sie haben ihren Nachbarn beigebracht, auf ihren Schutz und Hygiene zu achten, nicht nur Masken zu tragen, sondern auch, Distanz zu wahren und die Hände mit Seife und fliessend Wasser zu waschen. Projektmitarbeiterin Abeda ist sicher, dass die Gemeinschaft auch langfristig davon profitiert, um sicher durch die Pandemie zu kommen. Für World Vision steht fest: Akhi ist ein tolles Beispiel, wie es gelingen kann, Nachbarn in Not zu helfen und eine ganze Gemeinschaft zu fördern. Und das alles, indem man einem 17-jährigen Mädchen eine neue Chance gibt, sich zu verändern und ihre Zukunft in die Hand zu nehmen.

 

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