MENSCHENHANDEL: SKLAVEREI EXISTIERT IMMER NOCH!

30. Juli 2018

Frau, Opfer von Menschenhändlern

Die 25-jährige Pennha* aus Kambodscha wollte nur einen besseren Job und befand sich Tage später auf den Strassen Malaysias in den Fängen von Menschenhändlern.

Es war eine entfernte Verwandte, die Pannha mit einem Jobangebot in die Falle lockte. Obwohl sie sich bewusst war, dass Menschenhandel eine Gefahr sein könnte, hatte die junge Mutter aus Battanbang drei gute Gründe, um doch auf das Angebot einzugehen: «Erstens bin ich arm. Ich dachte, es wäre gut, einen Job zu haben. Zweitens haben sie mir einen Pass versprochen, somit würde ich nicht illegal reisen. Und drittens war es ja eine Verwandte, die mich sicher nicht hintergehen würde.» 

Ausgetrickst und verschleppt
Eines Tages wurde Pannha nach Phnom Penh gerufen — angeblich, um ihr einen Reisepass auszustellen. Sie erhielt aber kein amtliches Dokument, sondern nur ein gefalztes Papier auf dem ihr Foto und das ihres Kindes klebte. «Ich wusste, dass unsere Pässe rot waren. Derjenigen, den sie mir gaben war jedoch weiss und ich wunderte mich. Aber es war niemand von der Behörde da, den ich fragen konnte», erinnert sich die junge Frau. Am nächsten Morgen um neun Uhr verliess Pannha mit ihrem Kind die Hauptstadt — zusammen mit einer Frau, die selbst zwei kleine Kinder dabeihatte. «Vielleicht gehörten ihr die Babys gar nicht, auf jeden Fall hat sie sie nach Malaysia geschmuggelt», erzählt sie. «Wir übernachteten an der Grenze zu Thailand und fuhren dann weiter nach Bangkok. Dort reisten wir mit einer anderen Frau weiter. Einmal in Kuala Lumpur angekommen, wurden wir einem Mann übergeben und vom Rest der Gruppe getrennt.» Es vergingen noch acht weitere Stunden, bevor sie am Zielort ankamen. In Pannhas Fall waren sechs Menschenhändler in die Verschleppung involviert, zwei in Kambodscha und vier in Malaysia. 

Moderne Sklaverei
Gleich am ersten Tag ihrer Ankunft wurde sie mit einem Schirm, einem Sack und einer Metallschüssel auf den Markt gebracht, wo ihr aufgetragen wurde zu betteln. «Ich wollte nicht betteln und war schockiert. Meine Verwandte hatte mir einen Job als Näherin versprochen. Aber als ich mich weigerte, zwangen sie mich, die Gebühren für die Händler zu bezahlen von denen sie mich abgekauft hatten», erzählt Pannha. Von da an wurde sie jeden Tag früh morgens auf dem Markt abgeladen und erst um Mitternacht wieder abgeholt. Täglich arbeiteten sie und ihr Baby über 10 Stunden und verdienten zwischen 60 und 300 US Dollar – doch nichts davon durfte sie behalten. Mit dem Vorwand, ihr Ertrag decke lediglich die Kosten für Unterkunft und Essen, knöpften ihr die Händler alles ab. Wenn sie weniger als erwartet einnahm, wurde sie bedroht. «Manchmal glaubten sie, dass ich irgendwo am Körper Geld verstecken würde, so musste ich mich manchmal vollständig vor ihnen ausziehen», berichtet sie verstört. 

Endlich im Gefängnis
In ihrer misslichen Lage betete Pannha, dass die Polizei sie endlich verhaften würde, aber nichts geschah. «Ich wunderte mich, dass sie so oft an mir vorbeigingen und nichts unternahmen. Sie stellten mir lediglich Fragen und ich sagte, ich wolle zurück nach Kambodscha.» Doch eines Tages war es soweit: Sie wurde endlich verhaften und ihre Menschenhändler auch. «Bis heute weiss ich nicht, warum sie meine fünf Peiniger nach einer Woche wieder frei liessen und mich und mein Baby ganze vier Monate im Gefängnis liessen. Wahrscheinlich, weil wir kein Geld hatten, um die Polizei zu schmieren», erzählt Pannha nachdenklich. Aber sie ist sich sicher: «Wenn ich nicht im Gefängnis gelandet wäre, hätte ich den Rest meines Lebens als Sklavin verbracht.» 
Als es ihr erlaubt wurde, einen Anruf zu tätigen, rief sie ihre Mutter in Kambodscha an und schilderte ihre verzweifelte Lage. Obwohl ihre Mutter den Dorf Chef um Hilfe bat, geschah nichts, denn der war offenbar ebenfalls in die Sache verstrickt und ignorierte die Angelegenheit. Nach fast 5 Monaten im Gefängnis erhielt sie Besuch und schöpfte wieder Hoffnung: «Eines Tages kam ein Mann vorbei und fragte mich, wie und warum ich nach Malaysia gekommen bin. Ich antwortete ihm, dass ich bei der Jobsuche reingelegt wurde und nur noch nach Hause wolle.»

Rettung und ein neues Leben 
Ein Monat nach dieser Begegnung kamen Mitarbeiter einer Anti-Menschenhandels-Organisation und kauften ihr ein Rückflugticket nach Kambodscha. Durch das «End Trafficking in Person»-Projekt von World Vision erhielt Pannha psychologische Hilfe und weitere Unterstützung. «Neben den therapeutischen Massnahmen erhalten Überlebende aus dem Menschenhandel hier auch grundlegende Unterstützung wie Nahrung, Arbeitswerkzeug und Einkommensschulungen. Das trägt dazu bei, dass sie nicht wegen fehlender Arbeit ins Ausland migrieren müssen», erzählt Sammang Long, Leiter des Projekts. Während Pannha ein paar Früchte von ihrem Baum pflückt erzählt sie: «Ich werde nicht nach Malaysia zurückkehren. Ich möchte hier in meinem Dorf das Leben geniessen, wo ich nun Kohl, Mango, Kokosnüsse und Orangen
züchte.»

Seit Oktober 2016 haben 90 ehemalige Opfer des Menschenhandels und 1'320 Kinder und Jugendliche vom World Vision «End Trafficking in Person» Projekt profitiert. Ziel des Projektes ist es, das Wohlbefinden der Überlebende des Menschenhandels sowie gefährdete Personen zu verbessern. 

*Name von der Redaktion geändert.

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