Die UN-Organisation OCHA schätzt, dass nach dem Tropensturm Matthew rund 350 000 Menschen schnelle Hilfe in Haiti benötigen. Mitarbeiter von World Vision berichten, dass besonders der Süden des Landes schwer getroffen ist. Häuser, Brücken und Strassen seien schwer beschädigt. Auch sei die Region schwer erreichbar, berichtet John Hasse, Direktor von World Vision Haiti: «Unsere Begutachtung der Schäden ist fast beendet. Viele Häuser sind ganz oder teilweise zerstört und haben keine Dächer mehr. Bäume wurden wie Streichhölzer umgeknickt.» Auch in einigen anderen Landesteile seien bis zu 40% der Häuser nicht mehr bewohnbar.»
Hasse befürchtet, dass die genaue Anzahl der Toten und das ganze Ausmass der Schäden erst sichtbar werden, wenn alle Regionen erreicht werden konnten. «Der Schlamm in den Strassen ist so hoch und dick, dass selbst Autos mit 4-Rad-Antrieb stecken bleiben», so Hasse. «Unsere Mitarbeitenden sind nun mit Booten auf den reissenden Flüssen in entlegenen Regionen unterwegs. Dies ist sehr gefährlich, aber es bleibt uns keine andere Wahl, als diesen Weg zu wählen, wenn wir den Opfern helfen wollen.» Einige Regionen sind nur noch mit dem Hubschrauber erreichbar, wobei derzeit der Wind so stark bläst, dass keine Flüge stattfinden können.
Sauberes Trinkwasser und Notunterkünfte
Aufgrund des verunreinigten Trinkwassers besteht grosse Sorge, dass Krankheiten wie Cholera ausbrechen könnten. Die wichtigsten Hilfsmassnahmen sind daher, die Opfer mit sauberem Trinkwasser und Notunterkünften zu versorgen. World Vision verteilt zudem unter anderem Hygiene-Kits, bestehend aus Windeln, Desinfektionsmittel, Seifen und Tüchern, sowie Decken und Schutzplanen an rund 15 000 betroffene Familien.
Laut Hasse haben Kirchen und Schulen ihre Räume für die Versorgung der Menschen geöffnet. Die Hilfsbereitschaft der Haitianer sei sehr gross. Viele Familien würden Betroffene bei sich zu Hause aufnehmen. Aber im Süden sei die Verzweiflung gross, da nicht mehr genügend Unterkünfte für alle Betroffenen zur Verfügung stünden und hier auch Kirchen und Schulgebäude zerstört wurden. Viele Menschen hätten nach dem Erdbeben vor 6 Jahren immer noch in Notunterkünften gewohnt.
«Je weiter wir in die ländlichen Regionen kamen, desto grösser wurde die Zerstörung», berichtet Hasse. «Besonders auf dem Land befinden sich viele Dörfer in bergigen Regionen oder nahe am Wasser. Grosse Teile des Landes sind stark entwaldet und es besteht die grosse Gefahr von Erdrutschen.» Einige Strassen seien bereits von Geröll und grossen Felsen blockiert.
Viele Betroffene berichteten den World Vision-Mitarbeitenden, dass nun die gesamte Ernte zerstört sei. So seien die Bananenfelder überschwemmt und die Bäume abgebrochen.
Bereits vor Ankunft des Hurrikans hatte World Vision damit begonnen, Hilfsgüter wie Decken und Hygienesets, Wasserkanister und Tabletten zur Aufbereitung von Trinkwasser an Betroffene zu verteilen.