Von Antonio Matimbe, Kommunikationsmanager, World Vision Mosambik
Mein Name ist Antonio Matimbe. Ich bin selbst aus Mosambik und arbeite dort für die Hilfsorganisation World Vision. Der Zyklon Idai ist nur die letzte von vielen humanitären Katastrophen, mit denen ich es hier zu tun habe. Mosambik hat eine lange Geschichte, wenn es um verheerende Tropenstürme geht.
Was mich am meisten erschüttert: Während internationale Regierungsvertreter und Experten über den Klimawandel und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Welt diskutieren, tragen die Ärmsten die Hauptlast dieser immer heftigeren Stürme, ohne jedoch die leiseste Idee zu haben, was die Ursache dafür sein könnte.
Wenn ich durch die Flüchtlingscamps laufe und mit den Überlebenden – darunter vielen, auf sich allein gestellten Kindern – spreche, empfinde ich es als mehr als ungerecht, dass Menschen so gut wie alles verlieren, ohne eine Ahnung davon zu haben, was der Grund dafür ist. Die Politiker in den reichen Ländern wissen sehr genau, warum sich das Klima so dramatisch ändert. Die Bürger dieser Welt sind informiert, geschützt und bleiben weitgehend von den schlimmsten Folgen verschont.
«Beira, Mosambiks zweitgrösste Stadt, wurde zu 90% verwüstet»
In Beira, wo ich derzeit meinen Stützpunkt habe, ist die Lage katastrophal. Mosambiks zweitgrösste Stadt mit 500’000 Einwohnern wurde vom Zyklon verwüstet, über 90% der Infrastruktur ist beschädigt oder zerstört. Aber die Menschen, die auf dem Land leben, leiden noch mehr. Hunderte starben, viele sind ertrunken und die Ernte wurde vernichtet.
Ein Mädchen erzählte mir von einem Nachbarn, der eine Behinderung hat. Er konnte dem steigenden Wasser nicht entkommen. Als er aus dem Rollstuhl kippte, wurde er von einem durch die Luft fliegenden Zinkdach getroffen und getötet.
Ein weiteres Kind, ein 14-jähriger Junge, erzählte von seinem Onkel, der zum Fischen hinausfuhr und mit seinem Boot direkt in den Sturm geriet. Er ist nicht zurückgekommen und niemand weiss, was mit ihm passiert ist.
Warum waren die Menschen so schlecht auf den Sturm vorbereitet? Warum sind, obwohl es Warnungen gab, Hunderte gestorben? Diese Fragen beschäftigen mich, aber es gibt eine einfache Erklärung.
Die Ärmsten leben von Tag zu Tag. Jeder Tag ist ein Kampf, um über die Runden zu kommen, Essen auf den Tisch zu bringen und das Geld aufzutreiben, damit die Kinder in die Schule gehen und kranke Angehörige medizinisch versorgt werden können.
«Ein einziger Sturm kann die Nahrung für 6 Monate zerstören»
Das Leben im Überlebensmodus erzeugt Fatalismus: Was Morgen passiert, ist nicht beeinflussbar. Dieser Mangel an Hoffnung auf eine bessere Zukunft resultiert aus dem Gefühl, den Ereignissen ausgeliefert zu sein, ohne sie kontrollieren oder jemals überwinden zu können. Ein einziger Mückenstich kann Malaria übertragen, die das Kind töten wird. Ein einziger Sturm kann die Ernte zerstören, die alle sechs Monate lang ernähren soll. Das Bestechungsgeld, das bezahlt werden muss, um an Arbeit zu kommen, bedeutet, dass die neue Schuluniform nicht gekauft werden kann. Das sind die Ungerechtigkeiten und Demütigungen, mit denen die Armen täglich konfrontiert sind. Deshalb werden Sie aus Mosambik auch keinen Aufschrei über den Klimawandel hören und die Mosambikaner werden auch nicht lautstark fordern, dass etwas dagegen unternommen wird.
Es gibt noch einen anderen Grund, warum gerade die Ärmsten so sehr unter solchen Katastrophen leiden: Auch wenn über das Radio Warnungen verbreitet werden, wie hätte sich die Bevölkerung dagegen schützen können? Die Häuser der in Armut lebenden Menschen in Beria bestehen aus leicht zerstörbaren Materialien. Sogar Krankenhäuser, Gesundheitszentren, Kirchen und Schulen wurden niedergerissen. Die Stadt war nicht in der Lage, der Wut des Sturms standzuhalten. Und auf dem Land zeigt jeder Hubschrauberflug über das verwüstete Gebiet, wie verletzlich die Menschen dort waren. Es gibt keine Strassen und die Gemeinden liegen isoliert. Es gibt keine sturmfesten Gebäude. Es wäre fast unmöglich gewesen, Menschen vor dem Sturm zu evakuieren, selbst wenn sie bereit dazu gewesen wären.
«Wir müssen noch viel mehr tun, um denen zu helfen, die keine Stimme haben»
Es ist mir klar, dass immer noch einen grossen Graben zwischen denen klafft, die verstehen, was mit unserem Klima geschieht und was dagegen unternommen werden müsste, und denen, die bereits darunter leiden.
Es bricht mir das Herz, unsere Kinder - die nächste Generation, von der wir alle so viel reden – in diesem Chaos zu sehen, ohne die Möglichkeit zur Schule zu gehen und jetzt auch noch von tödlichen Krankheiten bedroht. Wir müssen noch viel mehr tun, um denen zu helfen, die nicht gehört werden, keine Stimme haben und nicht verstehen, warum ihr Leben zerstört wird.
World Vision unterstützt die Betroffenen in Zusammenarbeit mit anderen Hilfsorganisationen vor Ort mit dem Notwendigsten: Wasser, Nahrung, Unterkünfte und medizinische Versorgung. Helfen Sie uns mit einer Spende: Nothilfe «Zyklon Idai»
Die 11-jährige Maria aus Mosambik berichtet in diesem Video, wie der Zyklon ihr Zuhause zerstört hat: