1 MANN FÜR 200 MILLIONEN BÄUME

6. Dezember 2018

Tony Rinaudo mit Delegation von World Vision Schweiz

TONY RINAUDO (M.) MIT DER DELEGATION VON WORLD VISION SCHWEIZ: SERGE GANSER (VIZEPRÄSIDENT DES STIFUNGSRATS), ANDRÉ MEBOLD, TONY (DER PREISTRÄGER), THOMAS KALYTTA UND DOMINIK SCHWEIZER (v.l.n.r).

Für seinen Beitrag zur Wiederbegrünung vertrockneter, erodierter Böden und damit zur Nahrungssicherung in den ärmsten Regionen der Welt hat Tony Rinaudo gerade den «alternativen Nobelpreise» der Right Livelihood Award Foundation erhalten. Deren Zürcher Dependance lud unseren Kollegen von World Vision Australien anlässlich seiner Tour durch die Schweiz in die Universität Zürich ein. In der bis zum letzten Platz belegten Aula an der Rämistrasse sprach Tony Rinaudo über die Wiederbegrünung der Sahel-Zone dank einer sehr einfachen und kostengünstigen, aber äusserst wirksamen Methode namens «Farmer Managed Natural Regeneration», kurz FMNR.

Was das genau ist, erklärt Tony Rinaudo in seinem aktuellen Buch «Der Waldmacher» oder in diesem kurzen Video des Right Livelihood Awards

Anlässlich seines Besuchs in Zürich haben wir ein Interview mit ihm geführt. Im Gespräch mit World Vision Schweiz erklärt Tony Rinaudo, warum der Klimawandel auch uns betrifft, wie sich die Landbevölkerung in den Dürregebieten selbst helfen kann und was die Schweizerinnen und Schweizer dazu beisteuern können:


TONY RINAUDO ZEIGT, WIE DER BESCHNITT VON BÜSCHEN UND BÄUMEN DIE WIEDERBEGRÜNUNG FÖRDERT UND SO DEN BODEN WIEDER ERTRAGREICH MACHT.

«EIN HUNGRIGER MENSCH IST EINER ZU VIEL»

Der Agrarökonom Tony Rinaudo arbeitet seit vielen Jahren für World Vision. Für seinen Beitrag zur Wiederbegrünung von Ackerland und damit zur Nahrungssicherung in den ärmsten Regionen der Welt hat er gerade den «alternativen Nobelpreise» erhalten. Anlässlich der Preisverleihung hat World Vision Schweiz ein Interview mit ihm geführt.


Der Agrarwissenschaftler Tony Rinaudo von World Vision Australien setzt sich seit mehr als 40 Jahren dafür ein, dass die Menschen in den ärmsten Regionen der Welt genug zu essen haben – und zwar durch die Wiederbegrünung vertrockneter Landschaften. Sein Konzept ist so simpel, dass die betroffenen Bauern das kostengünstig und ohne technische Hilfsmittel selbst machen können und auch schon tun. Allein im Niger konnten so geschätzte 200 Millionen Bäume wiederbegrünt werden. Der geniale Effekt: Vormals verödete Böden bringen wieder Ernten und sichern so das Überleben. Im Interview mit World Vision Schweiz erzählt der frischgebackene Preisträger des Right Livelihood Awards, warum jetzt der Zeitpunkt für eine neue «grüne Revolution» ganz ohne Umweltschäden gekommen ist.

Was war Ihre erste Reaktion auf die Nachricht, dass Sie einer der Preisträger des diesjährigen «alternativen Nobelpreises» sind?

Ich war einfach nur sehr glücklich. Diese Auszeichnung würdigt fast 40 Jahre oft einsamer, harter Arbeit. Trotz der erheblichen Auswirkungen auf das Leben von Millionen von Menschen und auf die Umwelt ist meine Arbeit bei den Geldgebern, Regierungen und NGOs noch relativ wenig bekannt. Der Preis wird die Verbreitung und Akzeptanz der «Farmer Managed Natural Regeneration», kurz FMNR, verbessern.

In einem Satz zusammengefasst. Was ist FMNR und warum ist dieses Konzept so genial?

FMNR befähigt die ärmsten Landwirte der Welt einfach, kostengünstig und schnell die Ursachen von Armut, Hunger und Hoffnungslosigkeit an der Wurzel zu packen – und zwar völlig ohne negative Nebenwirkungen.

TONY RINAUDO WÄHREND EINES FMNR-WORKSHOPS FÜR ÄTHIOPISCHE BAUERN ZUR RICHTIGEN AUSWAHL DER PFLANZEN UND ZUM BESCHNITT.

Sie sind Agrarwissenschaftler. Warum arbeiten Sie für eine NGO und nicht in der Industrie oder für eine Regierungsorganisation?

Ich glaube, dass ich dadurch einen grösseren Einfluss auf die Armen auf den Feldern habe, da wir Tausende von Mitarbeitern direkt vor Ort haben, die in engen und vertrauensvollen Beziehungen zu Millionen von Kleinbauern auf der ganzen Welt stehen. Wie sich gezeigt hat, ist das auch tatsächlich so. Vielleicht könnte ich anderswo mehr Prestige und ein höheres Gehalt erreichen, aber es gibt keinen Ersatz für die tiefe Befriedigung und Freude, die ich empfinde, weil ich für Millionen von Menschen tatsächlich etwas bewirken kann.

Sie sind seit fast 20 Jahren bei World Vision. Warum arbeiten Sie gerade für diese Organisation. Was macht World Vision so besonders?

Ich habe dort sehr gute Freunde, sehr engagierte Kollegen, die sich für die Armen einsetzen. Ausserdem kann ich, wie schon gesagt, durch unsere Strukturen besonders viele der ärmsten Bauern erreichen – bis jetzt ist World Vision für mich der beste Weg, um die grösstmögliche Wirkung erzielen zu können.

Wo sehen Sie derzeit die grösste Bedrohung für unsere Welt – Klimawandel? Migration? Inwiefern hängt beides zusammen?

Ich schaue immer auf die Ursachen. Die grösste Bedrohung für unsere Welt sind die falschen Überzeugungen, negativen Einstellungen und destruktiven Praktiken der Menschen, die Bodendegradation, Klimawandel und Migration verursachen. Deshalb verbringe ich trotz der Labels «Waldmacher» und «Baumflüsterer» bis zu 90 Prozent meiner Zeit damit, den Menschen eine realistische Sicht auf die Umwelt und die Folgen ihres Handelns zu vermitteln.

Ja, Klimawandel und Migration sind miteinander verbunden. Ein Sprichwort sagt: «Was die Maus dazu gebracht hat, von der Pfanne ins Feuer zu springen, muss heisser gewesen sein als das Feuer selbst». Nur wenige Menschen verlassen freiwillig ihr Zuhause und ihre Lieben, aber Hunger und Armut sind schreckliche Meister und jeder, der unter ihrem Fluch steht, ist gezwungen, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um zu fliehen. Wenn wir Klimawandel und Bodendegradation aufhalten, werden auch Migration, Konflikte, Hunger und Armut abnehmen.

Können Sie sich vorstellen, dass wir in unseren entwickelten Industrieländern irgendwann vor den gleichen Problemen stehen werden?

Nicht irgendwann – das ist bereits Realität. Sehen Sie sich die verheerenden Brände in der entwickelten Welt an, Dürren, Überschwemmungen, extreme Stürme usw. Das Einzige, was uns und die Dritte Welt unterscheidet, ist, dass wir die Mittel haben, die Betroffenen zu unterstützen und die beschädigte Infrastruktur relativ schnell wiederaufzubauen.

Was möchten Sie der Schweizer Bevölkerung noch gerne mit auf den Weg geben?

Ein Hektar verödetes Land ist einer zu viel – weltweit sind es aber schon zwei Milliarden Hektar. Das UNCCC, die Klimakonferenz der Vereinten Nationen, gibt uns nur noch 10 Jahre Zeit, um die Treibhausgas-Emissionen zu regulieren. Ein hungriger Mensch ist einer zu viel – derzeit gehen täglich 815 Millionen Menschen hungrig ins Bett.

In den letzten 20 Jahren habe ich die Beweise vorgelegt: Wenn das ärmste Land der Welt, am Rande der Sahara, ohne staatliche Unterstützung und mit minimaler NGO-Hilfe, eine ökologische, soziale und wirtschaftliche Revolution bewirken kann, die den Lauf ihrer Geschichte verändert – was sagt uns das?

Victor Hugo sagte einmal: «Es gibt nichts Mächtigeres als eine Idee, deren Zeit gekommen ist». Ich glaube, die Zeit für eine weltumspannende Wiederbegrünungs-Revolution ist jetzt gekommen. Wir haben die Beweise. Wir haben die Macht. Wir haben den Reichtum. Wir haben die Organisation. Und, Ja – wir haben die Verantwortung. Machen Sie mit?

In unseren Entwicklungsprojekten, vor allem in Afrika, werden moderne Anbaumethoden wie die unseres Kollegen Tony Rinaudo gefördert. Helfen Sie uns dabei: www.worldvision.ch/spenden

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