Der Schweizer Journalist Roland Falk besuchte auf den Philippinen eine der zahlreichen Kinderschutzzonen von World Vision und Unicef.
Ich staune, bin gerührt. Und immer wieder beschämt. Menschen im Westen, ich gelegentlich inklusive, sind geneigt, bei jeder kleinen Unbill zu klönen, reden sich und ihrem Umfeld bei geringsten Schwierigkeiten ein, sie zählten zu den absolut Benachteiligten. Im philippinischen Tacloban dagegen, einem 19 Flugstunden von der Schweiz entfernten Ort, über den am 8. November 2013 Tod und Verwüstung hereinbrachen, treffe ich niemanden, der mit seinem Schicksal hadert. «Die Menschen hier sind über alle Massen zuversichtlich», sagt Rhonda Hirst, eine australische Mitarbeiterin von World Vision. «Und das, obwohl ihnen der verheerende Sturm Haiyan nebst ihrem Besitz viele Angehörige genommen hat».
Der Tag der Katastrophe, erzählen mir Überlebende, begann völlig harmlos. Ein rätselhaftes Säuseln nur war zu hören, ein fast unmerkliches Zittern der ohnehin vorwiegend instabilen Hauswände. Dann aber, gegen sechs Uhr morgens, brach das Unheil los, als würden die Tore der Hölle geöffnet. Mit 380 Stundenkilometern raste Haiyan über die Insel Leyte, machte in Sekunden alles flach und bewirkte einen gewaltigen Tsunami, der das Elend endgültig machte. «In den Gegenden, welche vom Sturm betroffen waren, kamen rund 14 Millionen Menschen zu Schaden», sagt Rhonda: «Etwa 7000 starben, gegen 1000 werden noch vermisst». Zudem waren eine Million Häuser nur noch Schutt. Bis 11.40 Uhr tobte der Taifun, und dann brannte die Sonne auf die Trümmer, als sei nie etwas gewesen.
«Welcome, Jolanda!»
In den Stunden nach Haiyan herrschte ein fürchterliches Chaos. «Viele Versehrte irrten herum, waren völlig verstört, hatten keine Lebensmittel mehr», sagt der Däne Kasper Engborn von OCHA, dem international tätigen Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der UNO. Mit seinen Leuten und 40 andern NGO, die sich zügig einfanden auf der Insel, schuf er erste behelfsmässige Strukturen, denn die Regierung sei «ziemlich überrumpelt gewesen», ihre Notfall-Vorkehrungen «eher rudimentär». Was nicht gross verwundert, denn pro Jahr jagen oft bis zu 26 schwere Unwetter über die Philippinen, wenn auch nicht so vernichtend wie Haiyan, der im Lande Jolanda getauft wurde. «Irgendwann scheinen diese Ereignisse ihren Schrecken verloren zu haben», sagt Engborn. Die Bürger jedenfalls reagierten auf die Ankündigung von Haiyan gelassen und zuversichtlich: «Welcome, Jolanda», hatten einige vor dessen Eintreffen auf Plakate gekritzelt.
Zusammen mit Organisationen wie Oxfam, dem UNHCR, Save the Children und World Vision gelang es dem drahtigen Durchblicker Engborn, der sich schon im Jugoslawienkrieg von 1993 als nützlich erwiesen hatte, einiges zu stabilisieren, die Misere zu mindern. «Viele halten mich für einen Idealisten. Denen entgegne ich aber, dass nicht Idealismus, sondern Professionalität das Rettende ist in Krisen», postuliert der studierte Politologe.
Ohne Engborn und sämtliche Hilfswerke, sagt Manuel Boy‘Sia Que, der Bürgermeister von Dulag, «hätten wir nicht die geringste Zukunft gehabt». Von den 48 000 Bürgern seiner Kommune sei nämlich «jeder und jede an existenzielle Grenzen gebracht worden durch Haiyan». Die 78-jährige Estela Beason etwa, die mit ihren kleinen Enkeln Sandro und Shaira vor dem Nichts stand, mich aber anstrahlt, als sei sie die Begütertste der Welt. Von World Vision hat sie wie bisher 400 andere ein bescheidenes Holzhaus erstellt bekommen, ein Normding, in vier Farben angeboten, ohne jeden Luxus, aber «ein Geschenk des Himmels», sagt die Grossmutter. In der Schweiz, denke ich, würde dieses von etlichen nicht mal als Geräteschuppen im Garten akzeptiert. Hier aber, in urbar gemachten Dschungellichtungen, «gilt das als Villa», sagt Boy‘Sia Que.
Ich bin dabei, wie 14 der Bedürftigsten einen Eigenheimschlüssel ausgehändigt bekommen, Alte, Einsame und Versehrte, unter ihnen die 90-jährige Marciana Albao, die für die schlichte Feier ihr ahnbar bestes Kleid angezogen hat. Fast adlig wirkt ihr Gesicht, als sie mit stiller Ergriffenheit für erste Minuten regungslos in ihrem Haus sitzt, so, als würde sie alles für einen Traum halten. Die Frau, spüre ich, hat trotz erlittener Pein wie viele andere auf Leyte ihre Würde nicht verloren.
«Tayo Na» – steh auf, mach was!
Schon der nächste Sturm, sagt Boy‘Sia Que, könnte jede Hilfsaktion, jeden Wiederaufbau zunichtemachen. Davon lasse sich aber niemand entmutigen oder gar lähmen: «Tayo Na» heisst die Devise, steh auf, mach was. In einem Bretterverhau bietet ein Paar warmes Cola feil, ein paar Schritte weiter sucht jemand Wellblech zusammen für eine provisorische Unterkunft, und auf der Rückfahrt nach Tacloban erlebe ich, wie selbstironisch, wie unbeugsam dem Leben zugetan die Philippinos bleiben: «Haiyan» heisst das Restaurant, in dem ich mir ein Red-Horse-Bier genehmige. Mit dem Wissen im Kopf, was das Wort beinhaltet, würde es jeder Angehörige einer andern Nation sofort vergessen, statt damit zu spielen. Ich trinke auf alle, die mit kaum einem Dollar pro Tag durchzukommen versuchen, auf eine gebeutelte Nation, in der 80 Prozent der Einwohner kein Bankkonto haben. Tagay – zum Wohl.
Eine Frau verkauft gebratene Kartoffelstücke an Spiesschen, ein hutzeliges Männchen Melonen – überall an Wegränden gibt‘s Zeichen der Hoffnung, überall greift die Absicht der humanitären Organisationen: «Was wir bieten wollen, ist Hilfe zur Selbsthilfe», sagt Rhonda Hirst von World Vision, der Organisation, die seit über 30 Jahren vor Ort ist.
Vor einer Kirche wurden 1000 Haiyan-Opfer zur letzten Ruhe gebettet, Kinder trauern an Gräbern von Geschwistern, die mit Fotos geschmückt sind. Und wenig später treffen sie sich mit Gespänlein zu unbeschwerten Hüpfspielen. Aus dem Überleben, spüre ich, ist längst wieder Leben geworden. In einer Schule, deren Unterricht noch weitgehend unter «Zelten für Kinderschutzzonen» stattfindet, unter Zeltplanen der NGO, finden ausgelassene ABC-Schützen zur Normalität zurück. Und bei einem Fotohalt drängt sich in einer Traube neugieriger Halbwüchsiger ein Mädchen vor meine Linse: «Ich heisse Divine Grace». Göttliche Gnade – das rührt sogar mich, den eher Ungläubigen. Und es ist vermutlich das, was die meisten im katholischen Land als unerschöpfliche Kraft spüren.
Auf dem Heimflug denke ich an den alten Fischer Pablito Tulid bei Balite, dem der Sturm die Existenz zerschlagen hat und der unverdrossen einen Neuanfang sucht. An all diejenigen zudem, die wie er grauenhafte Stunden mit einem Lächeln wegstecken. Wunderbare Menschen. Mir ist viel aufgegangen in ihrer Nähe.
Salamat – danke.
Bilder: Juerg Hostettler, World Vision Schweiz
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