Nader ist erst 11 Jahre alt. Er wurde in ein instabiles Syrien geboren, das bis heute nach einer neuen Identität sucht. Naders Geschichte ist eine Geschichte der Unverwüstlichkeit und der Suche nach Licht in den dunkelsten Momenten.

Vor zwei Jahren wurde der 11-jährige Nader beim Überqueren der Straße von einem Lastwagen angefahren. Seine Verletzungen konnten von den örtlichen Krankenhäusern nicht behandelt werden, sodass seine Eltern gezwungen waren, über die Grenzen hinweg Hilfe zu suchen. Nach unzähligen Bitten und administrativen Herausforderungen wurde Nader zur dringenden medizinischen Behandlung in die Türkei gebracht – und kehrte erst nach mehreren Operationen nach Hause zurück. Während sein Körper heilte, versank die Welt um ihn herum immer weiter im Ungewissen – sodass er nach seiner Genesung keine Schule mehr besuchen konnte, wie 2,4 Millionen andere syrische Kinder auch.

Entschlossen, ihrem Sohn eine Zukunft zu sichern, wandte sich Naders Mutter an das Bildungszentrum von World Vision Syria Response im Nordwesten Syriens – mit Erfolg: Nader konnte an einem Nachholprogramm teilnehmen, um die zwei verlorenen Jahre wieder aufzuholen.

Ein syrischer Junge schaut nach rechts.

Doch die Erholung für Kinder wie Nader geht über das Klassenzimmer hinaus: Vierzehn Jahre Konflikt haben bei den Kindern Syriens tiefe emotionale Wunden hinterlassen. Furcht, Angst und Trauma sind zu ihren unwillkommenen Begleitern geworden. Da es an psychosozialen Diensten mangelt, kämpfen viele junge Überlebende im Stillen.

Nader fand jedoch Trost in den vom Syria Cross-Border Humanitarian Fund finanzierten psychologischen Sitzungen und lernte, die Stürme in seinem Inneren zu bewältigen.

In diesen Sitzungen sprach er schliesslich über ein weiteres schreckliches Erlebnis – das Erdbeben zwischen Syrien und der Türkei im Jahr 2023. Seine Stimme zittert, als er sich an den Moment erinnert, als seine Welt bebte:

«Ich wachte auf, um ein Glas Wasser zu trinken, und spürte, wie sich das Haus bewegte. In einem Moment stand unser Haus noch fest, im nächsten stürzten die Gebäude um uns herum ein», sagt Nader.

Gerade als er anfing, ein Gefühl der Stabilität wiederzuerlangen, stellte ihn das Leben erneut auf die Probe – sein Vater verstarb. Der Verlust hat ihn erschüttert. Doch innerhalb der Mauern seines Bildungszentrums fand er eine zweite Familie: Sein Lehrer wurde zu seinem Vorbild, seine Klassenkameraden zu seiner Familie.

So weigert sich Nader, trotz aller Tiefen in seinem jungen Leben, sich der Verzweiflung hinzugeben: Er zeigt gute Leistungen in der Schule und klammert sich an einen Traum, der zu seinem Leuchtturm geworden ist: «Ich möchte Arzt werden – um Menschen zu helfen, die verletzt wurden, so wie ich.»

Naders Geschichte ist eine Geschichte der Unverwüstlichkeit und der Suche nach Licht in den dunkelsten Momenten.

Während er für seine eigene Zukunft kämpft, kommen Syrer im ganzen Land zusammen, um zu heilen, wiederherzustellen und das Leben, das sie einst kannten, zurückzuerobern. Der Weg, der vor ihnen liegt, ist lang, aber die Hoffnung ist nicht länger nur ein ferner Traum – sie ist ein Versprechen auf einen Neuanfang.

Spendenmöglichkeit: Hilfe für Syrien – World Vision

Bericht und Fotos: Zaher Jaber und Karla Harvey, World Vision