DURCH DEN ABRISS VON FLÜCHTLINGSUNTERKÜNFTEN WÜRDEN GESCHÄTZT 15’000 KINDER OBDACHLOS WERDEN.
Text: Terre des hommes, Save the Children, World Vision
Arsal ist eine Kleinstadt im Nordosten Libanons. Sie liegt hoch in den Bergen und nur wenige Kilometer entfernt von der syrischen Grenze. Während des seit acht Jahren anhaltenden Kriegs im Nachbarland Syrien lebten in Arsal zeitweise dreimal so viele Flüchtlinge wie Einheimische. Die Flüchtlinge liessen sich meist in Siedlungen am Stadtrand nieder. Heute zählt die Kleinstadt rund 30’000 Einwohner.
Mitte April 2019 hatte der libanesische Higher Defense Council nun beschlossen, dass alle «semi-permanenten Bauten», die von syrischen Flüchtlingen mit anderen Materialien als Holz- und Kunststofffolien, gebaut wurden, abgerissen werden müssen. Dies beinhaltet beispielsweise Bauten aus Beton. Die Flüchtlinge in Arsal haben nun bis zum 9. Juni Zeit, ihr Zuhause gemäss Richtlinien wieder in eine provisorische Notunterkunft aus Holz und Plastikplanen zurückzubauen, danach werden alle nicht konformen Behausungen abgerissen. Bislang wurden keine alternativen Standorte bestätigt, wohin die Familien ziehen könnten.
Hans Bederski, World Vision Country Director, sagt: «Wir sind besorgt darüber, wie diese Kinder und ihre Familien, insbesondere die von Frauen geführten Haushalte, die rauen Wetterbedingungen überleben werden, wenn sie nur in Notunterkünften oder unter Planen leben.»
15’000 betroffene Kinder
15’000 Kinder wären von dem geplanten Abriss betroffen, was schwerwiegende Folgen auf ihr geistiges und körperliches Wohlbefinden haben würde. Der Abriss vieler dieser Häuser könnte ausserdem zur Zerstörung der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung der Haushalte führen und Kinder einem hohen Krankheitsrisiko aussetzen.
Nada, 39, ihr Mann und vier Kinder sind fassungslos darüber, dass sie ihr Zuhause verlieren sollen: «Ich habe mein Haus hier mit viel harter Arbeit von Grund auf neu gebaut. Ich habe vier Kinder und bin Lehrerin. Es ist eine sehr schwierige Situation. Ich bete zu Gott, dass nichts zerstört wird.»
Piotr Sasin, Ländervertreter von Terre des hommes, ist bestürzt: «Viele dieser Familien sind sehr arm und kommen kaum über die Runden. Wenn ihre Häuser abgerissen werden, haben sie keine Möglichkeit, sie wiederaufzubauen oder anderswo Miete zu zahlen. Für ein Kind, das kaum zu essen hat und oft nicht zur Schule gehen kann, ist der Verlust eines Hauses äusserst traumatisch. Und wir sprechen von 15’000 Kindern.»
Unter den betroffenen sind neben den vielen Kindern auch ältere Menschen, die dem extrem heissen Sommerwetter im Falle einen Abriss’ schutzlos ausgesetzt wären. Dieselben Familien haben bereits schwere Überschwemmungen und Schneestürme erlitten, die im vergangenen Winter Teile Arsals heimgesucht haben.
Allison Zelkowitz, Save the Children’s Country Director im Libanon, sagt: «Unsere Teams treffen regelmässig Kinder an, die immer noch vom Verlust ihrer Häuser in Syrien traumatisiert sind. Sie sollten nicht mitansehen müssen, wie ihr Zuhause erneut zerstört wird.»
In anderen Dörfern in Bekaa, Baalbeck und Hermel, ebenfalls im Ostlibanon, werden ähnliche Massnahmen erwartet, wovon wiederum mehrere hundert Familien betroffen wären.
Save the Children, Terre des hommes und World Vision fordern die libanesische Regierung nachdrücklich auf, das Wohlergehen von Kindern und Familien zu berücksichtigen und die Behausungen nicht abzureissen.
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