Heute lacht die fünfjährige Schahad wieder, vor einem halben Jahr wäre sie jedoch beinahe skalpiert worden.
Heute fahren wir nach Saida, eine Autostunde südwestlich von Beirut entfernt. Wir besuchen Flüchtlingsfamilien, die in einem verlassenen Universitätsgebäude Zuflucht gefunden haben. Aktuell hausen dort 140 Flüchtlingsfamilien, rund 1120 Menschen. Als einige der Flüchtlinge beginnen ihre Geschichte zu erzählen, wird das ganze Ausmass der Tragödie für mich erst begreiflich.
So wie Grossmutter Tamam: Während die alte Frau redet und weint, zappelt ihre fünfjährige Enkelin Schahad unruhig neben ihr herum. Das kleine fröhliche Mädchen hat eine riesige Narbe, die direkt unter ihrem Haaransatz verläuft. Im September 2012 wurde Schahad aus den Trümmern ihres bombardierten Familienhauses gezogen, als das Dach des schwer beschädigten Gebäudes einstürzte und zwei ihrer Geschwister tötete. Die fünfjährige Schahad wäre bei dem Angriff beinahe skalpiert worden.
Heute lacht und scherzt sie, als sei nie etwas geschehen. Doch man spürt, dass ihr Kriegstraumata tief sitzt, denn anstatt über Puppen zusprechen, wiederholt sie Wörter wie ‘Rakete‘, ‘Waffen‘, ‘Bomben‘. Schahads Leben wird nie wieder so sein, wie es einmal war.
Es sind die Schicksale gebrochener Menschen, die wir heute hören und die uns sehr betroffen machen. Zu den Traumata der Menschen, kommen die knappen Mittel bei immer mehr Flüchtlingen. Das bestätigt auch Dana Sleiman, Pressesprecherin vom Beiruter Office des UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Zwar hat laut UNHCR die internationale Staatengemeinschaft im Dezember 267 Millionen versprochen, aber bisher seien nur 38 Prozent dieser Mittel an die UNHCR geflossen.