10 Minuten vor dem Erdbeben steht Matt Stephens auf dem Durbar Platz in Bhaktapur …
Am Samstagmorgen um 11.40 Uhr Ortszeit sass ich in einem Café in Bhaktapur und genoss die Aussicht auf den Durbar Platz mit seiner historischen Altstadt. Weniger als 10 Minuten später hatte ein Erdbeben, das stärkste seit über 80 Jahren, die kostbaren Bauten und einen Grossteil des ganzen Landes zerstört.
Ich war für eine Konferenz von World Vision nach Nepal gereist. Über 40 World Vision-Mitarbeitende aus 17 Ländern waren zusammengekommen und hatten die regionale Strategie für unser Programm «Kinderrechte und Kinderschutz» bestimmt.
Am Samstag wollten meine Kollegen und ich die letzten Stunden vor der Abreise noch für Sightseeing nutzen. Doch nicht darum werde ich diesen Tag nie vergessen.
Wir hatten gerade in einem Strassencafé etwas getrunken und schlenderten durch die engen Gassen, als der Boden zu zittern begann. Als wir dies bemerkten, realisierten wir auch, dass wir uns inmitten von alten Gebäuden und einer riesigen Menschenmasse befanden – Platzangst machte sich breit.
Das Beben begann langsam. Dadurch hatten wir genügend Zeit, uns in den Eingang eines Ladens zu stellen. Dann wurde es richtig heftig: Fenster zerbarsten, Gestelle kippten um und weniger als 50 Meter von uns stürzten Wände zusammen.
Als das Beben schwächer geworden war, rannten wir wie viele andere über Trümmer hinweg zum zentralen Platz. Dort sahen wir, dass einer der 1000 Jahre alten Tempel zerstört war – 30 Minuten vorher hatten wir ihn noch besichtigt!
Leider sahen wir auch Dutzende von Verletzten, Erwachsene und Kinder, die auf Motorrädern davongefahren wurden.
Glücklicherweise konnten wir alle World Vision-Mitarbeitenden, die Bhaktapur an diesem Tag besichtigten, erreichen, sie waren wohlauf. Danach kehrten wir nach Kathmandu zurück. Auf der Fahrt in die Hauptstadt wurden wir Zeugen der Verwüstung: eingestürzte Häuser, kaputte Strassen und überfüllte Spitäler, vor denen die Verletzten lange Schlangen bildeten.
Unsere Gruppe hatte grosses Glück. Wir mussten zwar zwei Nächte auf dem Boden der Hotellobby schlafen, da unsere Zimmer als zu unsicher eingestuft wurden, und die Nachbeben machten uns zu schaffen, aber im Vergleich zum Schicksal der Nepalesen ist das nichts: Ihr Leben hat sich für immer verändert.