… und mit denen Sie vielleicht nicht gerechnet haben. Isabel Gomes berichtet über fünf Dinge, auf die es beim Hilfseinsatz nach einem Erdbeben ankommt.

Haiti, Nepal, Indonesien, Syrien, Türkei: Für World Vision ist es nichts Neues, auf grosse Erdbeben zu reagieren, die Hunderte oder Tausende von Menschen in den Tod reissen, die Infrastruktur zerstören und Häuser dem Erdboden gleichmachen. Auch wir trauern jedes Mal, wenn sich eine solche Katastrophe ereignet. Oft sind auch unsere Mitarbeitenden und ihre Familien betroffen. Aber mit jedem Erdbeben lernen wir mehr darüber, wie wir am besten auf diese verheerende Naturgewalt reagieren können. Die wichtigsten Lehren sind:

Wir kümmern uns um unsere Mitarbeitenden

Viele Mitarbeitende und Freiwillige von World Vision sind Einheimische. Wir dürfen nicht vergessen, dass auch ihre Häuser beschädigt oder zerstört sein könnten und ihre Familien verzweifelt vor den Trümmern ihrer Existenz stehen. Inmitten des Chaos ist es wichtig, sich um die Mitarbeitenden zu kümmern, damit sie sich um andere kümmern können. Sonst schaden wir unserem wertvollsten Kapital – den Mitarbeitenden von World Vision.

Ein World Vision-Mitarbeiter spricht zu Menschen vor einfachen Notzelten in Indonesien.
Um nach einer Katastrophe grösseren Schaden zu verhindern und effektiv zu helfen, ist es wichtig, schnell zu handeln.

Wir ermitteln den Bedarf und koordinieren die Hilfe

In den ersten Stunden und Tagen nach einer Naturkatastrophe arbeiten wir mit den lokalen Behörden und anderen Hilfsorganisationen zusammen und sprechen mit den betroffenen Gemeinden, um zu erfahren, was sie brauchen und woran es ihnen fehlt. Es ist wichtig, die Situation vor Ort zu kennen. Wenn Geschäfte und Infrastruktur noch einigermassen funktionieren, macht es mehr Sinn, den Überlebenden Bargeld zu geben, als Lebensmittel von ausserhalb in das Krisengebiet zu transportieren und damit die Strassen zu verstopfen. Koordination ist das A und O: Einigen Menschen doppelt und anderen gar nicht zu helfen, macht keinen Sinn und verschwendet wertvolle Ressourcen.

Ein World Vision-Mitarbeiter nähert sich einem Helikopter unseres Partners WFP.
Um Leben zu retten, sind die ersten Stunden entscheidend. Darum muss man für schnelle und effiziente Logistik bei der Lieferung von Hilfsgütern sorgen.

Wir schützen die Kinder

Schnelle Hilfe für die Überlebenden eines Erdbebens ist sehr wichtig. Kinder brauchen jedoch besondere Aufmerksamkeit, um die Katastrophe psychisch und seelisch gut verarbeiten zu können. Das bedeutet, dass sichere Räume geschaffen werden müssen, in denen Kinder spielen und ein Gefühl von Normalität erleben können, nachdem sich ihr Leben von einer Sekunde auf die andere dramatisch verändert hat. Auch psychosoziale Unterstützung und Raum zum Lernen helfen Kindern, das Erlebte zu verarbeiten. Menschen, die ein Erdbeben erleben, können danach unter extremem Stress leiden, was das Risiko von Gewalt gegen Kinder erhöht. Sichere Orte schützen Kinder davor und können auch verhindern, dass die Extremsituation von Kriminellen ausgenutzt wird, die Kinder entführen, missbrauchen oder früh verheiraten wollen.

Ein afrikanischer World Vision-Mitarbeiter verteilt Luftballone an Kinder in Afrika.
Nach Katastrophen wie Erdbeben ist es sehr wichtig, Kindern einen sicheren Ort zu bieten, wo sie Kind sein dürfen.

Wir arbeiten mit Einheimischen zusammen

Die erste Hilfe im Katastrophenfall kommt immer von Einheimischen. Sie kennen die Sprache, die Gegebenheiten vor Ort und sind vernetzt. Humanitäre Organisationen wollen nicht das Bild vermitteln, dass Retter von aussen kommen und die Hilfe übernehmen. Wo immer möglich, soll Hilfe zur Selbsthilfe geleistet werden, damit die lokale Zivilgesellschaft ihre Herausforderungen selbst meistern kann und gestärkt aus der Extremsituation hervorgeht.

Überlebende sind keine Opfer

Die Überlebenden selbst wissen am besten, was sie in ihrer konkreten Situation brauchen und was ihnen jetzt am meisten hilft. Hier hilft am schnellsten eine Unterstützung in Form von Bargeld, damit sich die Überlebenden mit dem Nötigsten eindecken können, zum Beispiel Hygieneartikel für Frauen oder gezielte Hilfe für Menschen mit Behinderungen. Als Hilfsorganisation müssen wir den Betroffenen zuhören. Sie können uns sagen, was wir gut machen und was nicht. Wenn wir die Überlebenden zunehmend als Kunden mit Rechten und nicht als passive Empfänger sehen, trägt das viel zu einer Begegnung auf Augenhöhe bei.

Eine Frai in den Philippinen hält ihre ID und Geldscheine in die Kamera im World Vision-Verteilzentrum.
Nach Katastrophen wie Erdbeben ist Bargeld unter Umständen die beste und schnellste Hilfe.

Nur dank der grosszügigen Hilfe unserer Unterstützerinnen und Spender sind wir in der Lage, schnell zu reagieren und Überlebende von Naturkatastrophen effektiv zu unterstützen. 

Klicken Sie hier, um mehr über die Arbeit von World Vision zu erfahren, die Kindern hilft, Krisen zu überleben. 

 

Isabel Gomes, Global Director for Humanitarian Operations bei World Vision, ist für humanitäre Einsätze der Organisation zuständig. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Gefahrenminderung von Millionen von Kindern vor, während und nach Katastrophen. Isabel Gomes ist seit 25 Jahren im humanitären Bereich tätig und verfügt über Erfahrung in den Bereichen globales Spenderengagement, Ressourcenentwicklung, Strategie, Projekte und Politik.